Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Fritz Schmidt

Fritz Schmidt zieht das Nationaltrikot aus

 

 

 

 

Ein ganz normaler Tag im Leben des Fritz Schmidt

Abschied vom Hockey-Nationalteam / "Am meisten hat mir der Verein gegeben"

Aus "Main-Spitze" vom 28.02.1977
 

jo. - Am Freitagmorgen um sechs hatte er noch in der Backstube gestanden, weil überraschend eine Bestellung von 3.400 Dampfnudeln eingegangen war, mittags um halb eins saß er im Wagen, traf um zwei in Köln ein und spulte nach einem gemeinsamen Training mit seinen Mannschaftskameraden am Abend ein Hallenhockey-Länderspiel gegen die Niederlande herunter, das von der Bundesrepublik mit 18:10 gewonnen wurde. Er selbst erzielte dabei zwei Treffer. Um elf saß er dann wieder im Wagen, jagte in eineinhalb Stunden über die Autobahn, um rechtzeitig kurz vor eins wieder in der Backstube zu stehen.

Ein ganz normaler Tag also im Leben von Fritz Schmidt, wären da nicht noch zwei Interviews beim Deutschlandfunk und bei der Deutschen Welle gewesen, nicht die Überreichung von Blumen, nicht der respektvolle und gleichzeitig dankende Applaus des gesamten DHB-Präsidiums, seiner Mannschaftskameraden und der Gegner aus Holland beim abendlichen Festbankett im feudalen "Landhaus Kuckuck".

Es war der letzte Tag in der Länderspielkarriere des Rüsselsheimers, der Tag, an dem er zum 146. Male das Nationaltrikot getragen hatte und damit zum Rekordinternationalen des Deutschen Hockey-Bundes wurde. Zusammen mit seinen langjährigen Mitstreitern Wolfgang Rott (THC Mettmann), Dieter Freise (Heidelberger HC) und Michael Krause (Schwarz-Weiß Köln) sagte er an diesem Abend "ade". Für alle vier war es der Abschluss einer glanzvollen internationalen Karriere, die für "Schimmi" vor 14 Jahren beim Länderspiel gegen Frankreich (0:0) begonnen hatte. "Damals hatte ich ein Ziel. Ich wollte mindestens dreimal dabei sein, wenigstens drei Länderspiele haben, um nicht einer von denen zu sein, die so schnell verschwinden wie sie aufgetaucht sind".

Fritz Schmidt (links) gewinnt mit "seinen" Herren des RRK 1973 die Deutsche Meisterschaft im Hallenhockey (Fritz Schmidt, Dr. Randolf Renker, Mike Martin, Wolfgang Beck, Manfred Liebig, Martin Müller, Klaus Held, Roland Segner, Rainer Seifert, Frieder Fleck, Wolfgang Molitor)

Drei waren es bald und dann zählte er auch die internationalen Einsätze nicht mehr, die ihn durch fast alle Kontinente dieser Welt führten, bei denen er drei Olympische Spiele aktiv (Mexiko, München, Montreal) und eine Olympiade (Tokio) passiv als Zuschauer erlebt hatte. Das Zählen überließ er den Statistikern, und die errechneten für ihn bis zu diesem Freitag 146 Einsätze, 119 auf dem Feld und 26 in der Halle.

Fritz Schmidts Abschied war wie seine Laufbahn. Vor Montreal hatte er gesagt, dass er nur dann mitfahren würde, wenn er auch spielt. Allein die Ehre, sich Nationalspieler nennen zu können, hatte ihm nie gereicht. Das Zuschauen, wenn andere spielten, behagte ihm nicht. Nicht anders in Köln. Der knapp 34jährige ließ sich bis sechs Minuten vor Schluss nicht ein einziges Mal auswechseln, und als er dann auf die Bank ging hielt es ihn kaum 120 Sekunden. Und in dieser Zeit schonte er sich nicht. Kein Wunder, dass sich nachher viele die Frage stellten, warum ein Mann aus seinem Holz Schluss macht. Wohin man an diesem Abend sah, ein Nachfolger für den Kämpfer, eine Persönlichkeit wie der "Bäcker" war nicht in Sicht.

Das kam auch in all den Glückwünschen und Dankreden von Seiten der DHB-Verantwortlichen zum Ausdruck. Allesamt zollten sie dem, der nie ein bequemer Mann im Nationalteam gewesen war, Respekt. Er selbst hörte sich das gelassen an ("die üblichen Worte, die man nach 14 Jahren so langsam schon kennt") und sprach dann seinen Dank für diesen Rahmen der Verabschiedung aus, der in der Vergangenheit "nicht immer üblich gewesen sei und den man in Zukunft beibehalten möge." Als er sich vorzeitig aus der Gesellschaft verabschiedete und im Auto saß, ließ er die Jahre, die er dem DHB "gedient" hatte, noch einmal kurz Revue passieren: "So schön diese Zeit auch war, das meiste hat mir doch der Verein gegeben." Der Verein, um dessen Chancen für die Hallenmeisterschaft in einer Woche in der Köbel-Halle bei der Hinfahrt fast alle Gedanken kreisten. Es war also doch ein ganz normaler Tag im Leben des Fritz Schmidt.


Aus "Rüsselsheimer Echo" vom 28.02.1977:

"Den hätte se mir früher schenke solle"

Rüsselsheimer Hockey-Kapitän Fritz Schmidt nimmt Abschied von der Nationalelf

 

(cpd). Das 18:10-(9:3-)Endergebnis im Hallenhockey-Länderspiel gegen die Niederlande interessierte die deutsche Nationalmannschaft nur am Rande. Die Betonung dieser Begegnung im neu erbauten, supermodernen Bundesleistungszentrum von Köln lag eindeutig in dem Begriff "Abschiedsspiel für vier verdienstvolle Nationalspieler". Zu verabschieden und zu ehren galt es den schwergewichtigen Mettmanner Torhüter Wolfgang "Porky" Rott (jetzt 99 Länderspiele), die beiden Olympiasieger Michael "Bulle" Krause vom deutschen Feldmeister Schwarz-Weiß Köln (82) und den 72er-Weltklasse-Außenverteidiger Dieter Freise (HC Heidelberg, 85) sowie den Bäcker-Konditor- und Deutschen Meister Friedrich-Konrad "Fritz" Schmidt aus Rüsselsheim, mit 146 internationalen Einsätzen jetzt wieder alleiniger Rekordnationalspieler. Alle vier hatten freiwillig ihren Rücktritt bekannt gegeben, Rott, Schmidt und Krause nach drei Olympischen Spielen, Freise nach zweien.

Die deutsche Hockey-Nationalmannschaft mit 3 RRKlern ist Olympiasieger 1972 (Rainer Seifert/vorn links, Fritz Schmidt/vorn 2. von links, Peter Kraus/vorn 5. von links) 

600 Zuschauer in der überfüllten Leistungszentrum-Halle sahen eine streckenweise überlegene Europameister-Mannschaft, die bei "schöpferischen Pausen" jedoch auf energischen Widerstand der enorm verbesserten Niederländer traf. Einen Superlativ konnte der "Goldjunge von München", Michael Krause, verbuchen: Sein Premieren-Länderspiel in der Halle war auch gleich schon sein letztes, und mit einem verwandelten Siebenmeter trug er sich auf Anhieb auch in die Torschützenliste ein. Überragender Spieler im deutschen Team war der 26-jährige Frankenthaler Peter Trump, in der gerade abgelaufenen Bundesligasaison auch überlegener Torschützenkönig, mit sieben Treffern in seinem 100. Länderspiel. Nach ihm gefielen vor allen Dingen in den ersten dreißig Minuten der Mettmanner Schlussmann Wolfgang Rott, von dem Sportwart Hugo Budinger während des Spiels sagte: "Ihn zu ersetzen, wird schwer sein." Die weiteren Treffer erzielten Werner Kässmann (Rot-Weiss Köln, 3), Fritz Schmidt (Rüsselsheimer RK, 3), Tobias Behrens (Klipper Hamburg) in seinem ersten Hallen-Länderspiel (2) sowie die Kölner Hans Montag (Schwarz-Weiß) und Ralf Lauruschkat (Rot-Weiß).

In ebenso kleinem Rahmen würdigte beim anschließenden Bankett auch DHB-Präsident Jürg Schäfer im Namen des Präsidiums die Verdienste der vier Abschiedsspieler: "Diese vier jungen Menschen haben den Beweis erbracht, dass Leistungssport und Beruf gut in Einklang zu bringen sind. Sie selbst haben dafür gesorgt, dass sie nach Abschluss ihrer Laufbahn zurückfinden in ihren Beruf." DHB-Sportwart Hugo Budinger, der den Spielern als Erinnerung je einen Leuchtglobus überreichte (Fritz Schmidt: "Den hätte se mir früher schenke solle, dann hätt isch auch gewusst, wo mer hinfahre"), erinnerte in seinem kurzen Rückblick auf die Karrieren besonders an das glänzende Debüt des damals 19-jährigen Burschen Wolfgang Rott beim Länderspiel in Lahore gegen Pakistan, das nur 0:2 verloren ging. Hugo Budinger: "Das tollste, was ich je erlebt habe!"

Goldtrainer Werner Delmes, zwischen 1969 und 1972 Sportwart im DHB, stellte noch einmal die menschliche Stärke von Wolfgang Rott und Fritz Schmidt heraus, die 1972 als Ersatzmann beziehungsweise als verletzter Spieler miterleben mussten, wie ihre elf Kameraden Gold gewannen. "Da habt ihr bewiesen, was für feine Kerle Ihr seid", rief er den beiden zu. Er bedankte sich noch einmal für ihre Leistung und übergab jedem Spieler eine Kiste Wein aus dem beziehungsreichen Jahrgang 1972.

Im Namen der Aktiven bedankte sich Kapitän Fritz Schmidt für das letzte Spiel und "die ganze Feier hier" und wünschte auch den weiteren langjährigen Nationalspielern einen "so würdigen Abschied". Er musste als erster wieder in Richtung Rüsselsheim aufbrechen: "Ich muss heim, Brötche backe."