Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Olympia 1972

Über Mitglieder des RRK (1972)                              

Fritz Schmidt

Olympia ruft − Fritz Schmidt

Aus "Main-Spitze" am 19.08.1972
 

Dass der Rüsselsheimer RK zur nationalen wie internationalen Spitzenklasse der Hockey-Vereinsmannschaften zählt, ist seit dem zweimaligen Gewinn der deutschen Feldhockeymeisterschaft und nicht zuletzt nach dem diesjährigen dritten Platz im Europapokal-Wettbewerb hinlänglich bekannt geworden. Was wunder also, wenn im 18köpfigen Aufgebot der deutschen Hockey-Olympiamannschaft, die seit dem 1. August Quartier im Münchner olympischen Dorf bezogen hat, gleich drei Rüsselsheimer zu finden sind: Fritz Schmidt, Peter Kraus und Rainer Seifert. Leicht hätte die Zahl sogar noch größer werden können, denn es scheint eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis Manfred Liebig oder Martin Müller in die Reihe der A-Nationalspieler aufgerückt sein werden. Liebig, seines Zeichens Libero und Strafeckenspezialist, verpasste die Olympiateilnahme offensichtlich nur, weil er mit dem Berliner Rekordinternationalen Carsten Keller einen Konkurrenten hatte, der ihm leistungsmäßig zwar nicht mehr überlegen scheint, der freilich, an Routine und Erfahrung reicher vom Deutschen Hockeybund nicht übergangen werden konnte. Wenn Keller nach München seine internationale Laufbahn beenden wird, dürfte Liebigs Aufstiegsmöglichkeit nichts mehr im Wege stehen.

"Wir haben den Pott!!" Nach einem 1:0-Sieg über Rot-Weiss Köln ist der RRK Deutscher Meister im Feldhockey 1971 (hinten: Wolfgang Schneider, Roland Segner, Manfred Liebig, Walter Leichtweiß, Wolfgang Beck, Karl-Heinz Nuffer, Rainer Seifert, Masseur Karl-Heinz Bog, Frieder Fleck, Fritz Schmidt, Coach Josef Schnur; vorn: Peter Kraus, Bodo Schäfer, Martin Müller, Helmut Köhler; es fehlen: Tomas Blivier, Wolfram Jirzik)

Verantwortlich für die Nominierung der Olympiakandidaten zeichnete Bundessportwart Werner Delmes, der seine Schützlinge zwar nicht im schon professionellen Stil der Inder oder Pakistani auf München vorbereiten konnte, der aber seit Mitte Juni immerhin die Möglichkeit hatte, einmal die Woche (dienstags oder donnerstags) sowie an den Wochenenden den gesamten Spielerkader unter die Lupe zu nehmen.  An den übrigen Werktagen trainierten die Athleten nach einem von Delmes aufgestellten Arbeitsplan.

Für die Rüsselsheimer Schmidt, Kraus und Seifert, zu denen sich oftmals der Frankenthaler Nationalspieler Peter Trump gesellte, bestand der Trainingstag aus einem vier bis sechs Kilometer langen Waldlauf am frühen Vormittag sowie gymnastischen Übungen auf dem dafür geeigneten städtischen "Trimm-dich-Pfad". Tischtennisspiele als Ausgleichssport und Stock- und Ballarbeit oder spieltechnische Varianten am Abend komplettierten den Tagesablauf. Die Rüsselsheimer, die sämtlich in den Genuss der Sporthilfe kommen und hier der A-Norm (höchst mögliche Beihilfe) unterlagen, verweisen hierbei auch auf das Verständnis und die Großzügigkeit ihrer Arbeitgeber, die ihnen durch berufliche Freistellung eine optimale Olympiavorbereitung ermöglichen.

Fritz Schmidt, Vize-Spielführer der Nationalelf, betrachtet München zugleich als Höhepunkt und krönenden Abschluss seiner 11jährigen internationalen Sportkarriere. Der gelernte Bäcker- und Konditormeister, am 19. März 1943 in Mainz geboren, aber dennoch waschechter Rüsselsheimer, kann bislang auf 81 Länderspiel-Berufungen verweisen. 1964, als die Hockeymannschaft der DDR beim olympischen Turnier in Tokio die schwarz-rot-goldenen Farben vertrat, zählte auch Schmidt nur zu den Zuschauern. In Mexiko 1968 konnte er dann selbst aktiv dabei sein. Fünf Siege, ein Unentschieden und drei Niederlagen reichten für die Mannschaft der Bundesrepublik damals allerdings lediglich zum vierten Rang.

Weitere eindrucksvolle Stationen auf der internationalen Laufbahn Fritz Schmidts, dessen besondere Qualitäten seine Vielseitigkeit und sein Trainingsfleiß sind und der nicht selten von Fachjournalisten als "Konditionswunder" apostrophiert wird, waren die Europameisterschaften 1970 und die Weltmeisterschaftsteilnahme 1971.

Nach München soll Schmidts sportliches Bestreben vorrangig auf dei Vereinsmannschaft ausgerichtet sein, die er auch seither  mit Seppl Schnur fachkundig betreute. Auch an Funktionärsaufgaben in der Führungsspitze des deutschen Hockeyverbandes würde der sprachgewandte und sympathische Sportler mögliche Interessen bekunden.   -mt-


Aus "Main-Spitze" am 23.08.1972:

Fritz Schmidt: Statt nach Inzell in die Heimat

Für Fritz Schmidt, Rüsselsheims Hockey-Internationalen, sind die Olympischen Spiele schon zu Ende, bevor sie überhaupt begonnen haben. "Schimmi" brach sich den Mittelhandknochen der linken Hand, die schon einmal lädiert war. Die Hand musste genagelt und gedrahtet werden. Ein unbedacht geschwungener Hockeyschläger eines holländischen Spielers zerstörte alle olympischen Träume von Edelmetall für den Bäckermeister.

Im Stammhaus in der Alten Kirchstraße schwang die Stimmung gestern auf Moll um. Die Eltern versuchten schon am Vormittag, von der Hiobsbotschaft aufgeschreckt, Kontakt mit ihrem Sohn zu finden, der aber um diese Zeit noch im Krankenhaus war. Dafür gab Schmidts Mannschaftskamerad Frieder Fleck den besorgten Rüsselsheimern in der Heimat erste Auskunft. Fleck hat sich während der Spiele als Mitarbeiter im Organisationszentrum verdingt.

Später hatte die Mutter dann ihren Fritz selbst an der Strippe und erfuhr, dass "Schimmi" schon am gleichen Abend auf dem Rhein-Main-Flughafen eintreffen werde. Bis kommenden Samstag wird er in Rüsselsheim bleiben, während sich seine Kameraden von der Nationalmannschaft nach Inzell begeben haben, um letzte Vorbereitungen zu treffen, darunter auch Peter Kraus und Rainer Seifert, auf denen jetzt Rüsselsheims letzte Olympia-Hoffnungen rufen.

Seppl Schnur, Coach des Rüsselsheimer RK, wies auf die opferreichen Vorbereitungen von Fritz Schmidt hin, der seine Laufbahn in München krönen wollte. All das war jetzt umsonst, genauso wie die verstärkte Hingabe der Eltern im Geschäft, mit der das Fehlen des Nationalspielers am Backofen ausgeglichen werden sollte.

Sechs Wochen Zwangspause, das ist bitter für Fritz Schmidt, der am kommenden Samstag nach München fliegt.


Aus "Main-Spitze" vom 31.08.1972:

Willi Hofmann dreht den Sportscheinwerfer

Rüsselsheims "Inder" mit prächtigem Einstand

Rainer Seifert und seine Tor-Doublette − "Schimmi" mit Trainingsversuchen und kurzem Einsatz

Gerade hatte er − mit dem Unterton einer gewissen Resignation − noch bekannt, mit dem Los des Ersatzmannes zufrieden zu sein, da kam für Rainer Seifert, Rüsselsheims "Inder", die Berufung in die Nationalmannschaft. Er rechtfertigte die mit zwei spielentscheidenden Treffern gegen Argentinien, womit sich der Rüsselsheimer nun mindest als gleichwertig im Delmes-Team etablierte. Dem Bundestrainer bleibt jetzt die Qual der Wahl. Uli Vos von Malaysias "Hockeyschwingern" arg malträtiert, will gegen Pakistan wieder dabei sein. Nach den ersten blendenden Leistungen ein verständlicher Wunsch. Sollte die deutsche Mannschaft, der der Hockeyhimmel jetzt noch offen steht, eine Medaille erringen, die beiden Tore von Rainer Seifert − den wir noch oft dabei zu sehen wünschen − werden mitentscheidend sein.

Aus welchem Holz der "Schimmi" Schmidt geschnitzt ist, sagt die Meldung von den ersten Trainingsversuchen des Rekordnationalen, der Nagel Nagel sein ließ und bestrebt ist, seine Form wieder zu finden. Es kommt auf jeden Mann an, und unser Fritz würde − wie wir ihn kennen − sogar mit Gipsfuß spielen, wenn es um seine Mannschaft geht.

Trotz seiner Handverletzung kommt Fritz Schmidt beim olympischen Hockeyturnier im Gruppenspiel gegen Frankreich für eine Halbzeit zum Einsatz. Vor dem Halbfinale nimmt er seinem Trainer dann eine wichtige Entscheidung ab. Nach dem Abschlusstraining erklärt der angeschlagene Schmidt seinen Verzicht auf das Halbfinale gegen Holland, das von der deutschen Mannschaft mit 3:1 gewonnen wird.


Aus "Main-Spitze" vom 11.09.1972:

Deutsches Hockey-Team: Gold − Pakistani schlechte Verlierer

Von Fritz Reis

Mit einem handfesten Skandal endete das olympische Hockeyturnier, das die Mannschaft der Bundesrepublik mit einem 1:0 (0:0) gegen Pakistan gewann. Die Hockeykünstler aus dem Fernen Osten wurden mit ihrer sportlichen Niederlage nicht fertig. Sie hatten nicht nur das Spiel und die Goldmedaille verloren, sondern auch jeden sportlichen Anstand. Zunächst weigerten sie sich zur Siegerehrung zu erscheinen, dann trotteten sie doch auf den Rasen. Als das deutsche IOC-Mitglied Berthold Beitz ihnen die Silbermedaille umhängen wollte, lehnten sie ab. Sie nahmen sie lediglich entgegen und "fummelten" an ihnen herum. Auch beim Spielen der deutschen Nationalhymne verhielten sie sich demonstrativ. Ein offizielles pakistanisches Teammitglied musste einen nach dem anderen der dreizehn Spieler bitten, der Fahne des Gastgebers und Olympiasiegers die Ehre zu erweisen.

"Übertrumpft" wurden die Sportler noch von gut einem Dutzend Schlachtenbummler, die sich wie Wilde gebärdeten. In ihrer blinden Wut schrieen sie unter anderem (wir bitten um Verzeihung): "Deutschland Sch ..." Einer von ihnen besetzte die höchste Stelle des Siegerpodestes und schwenkte die Flagge Pakistans.

Wie inzwischen bekannt wurde, wird wegen des unmöglichen Verhaltens der pakistanischen Sportler und Zuschauer das Exekutiv-Komitee des IOC am Montagmorgen zusammentreten. Als in der vergangenen Woche die amerikanischen 400-Meter-Läufer Vincent Matthews und Wayne Collet bei der Siegerehrung der Fahne ihres eigenen Landes den Rücken kehrten, gab es den Ausschluss beider von allen künftigen Olympischen Spielen.

Die Pakistanis überraschten die deutsche Mannschaft mit einem von ihnen bisher nicht praktizierten Spielsystem. Sie hatten ihre Abwehr zahlenmäßig verstärkt und bevorzugten, mit wenigen Ausnahmen kurz vor der Pause sowie nach der Halbzeit abgesehen, das Defensivspiel. Die angriffsfreudige deutsche Mannschaft erreichte 6:1 Strafecken und 3:1 lange Ecken. Eine der Strafecken führte durch das Trio Carsten Keller, Uli Vos und Michael Krause zum Erfolg und zur Goldmedaille, die von den etwa 15.000 Zuschauern gefeiert wurde.

Die Mannschaft der Bundesrepublik hatte durchaus die Möglichkeit, das Ergebnis zu verbessern, doch der Frankfurter Dröse hatte wenige Minuten nach dem Führungstreffer nicht die Nervenkraft zum 2:0. Die Pakistanis besaßen in ihrem Torhüter Saleem Sherwani ein unüberwindliches Hindernis. Er war der einzige seines Teams, der in den hektischen Schlussminuten Ruhe und Übersicht bewahrte, die letzte Strafecke und auch den folgenden Nachschuss abwehrte.

Die Bundesrepublik Deutschland spielte mit Peter Kraus (Rüsselsheim), Michael Peter (Heidelberg), Peter Freise (Heidelberg), Michael Krause (Köln), Eduard Thelen (Köln), Horst Dröse (Frankfurt), Carsten Keller (Berlin), Ulrich Klaes (Köln), Wolfgang Baumgart (Frankfurt), Uli Vos (Gladbach) und Peter Trump (Frankenthal).

Die deutsche Hockey-Nationalmannschaft mit drei RRKlern  ist Olympiasieger 1972
(Rainer Seifert/vorn links, Fritz Schmidt/vorn 2. von links, Peter Kraus/vorn 5. von links) 

Der missglückte Abgang im verflixten olympischen Jahr

RÜSSELSHEIM. "Ich bin keiner von denen gewesen, die eine Goldmedaille gewonnen haben. Ich fühle mich auch nicht wie ein Olympiasieger." Das Klagelied stammt von Fritz Schmidt, dem Kapitän des Rüsselsheimer RK, nach landläufiger Meinung ein medaillengeschmückter Olympionike, wie alle anderen Mitglieder des deutschen Hockeyteams. Warum also diese Konfusion? Tatsächlich stand Fritz Schmidt bei der Medaillenverleihung nicht auf dem Siegertreppchen, seine Medaille wurde nachgeprägt und nachgereicht.

München, der vermeintliche Höhepunkt einer Karriere, der Traum vom Gewinn der Goldmedaille, wurde für Fritz Schmidt zum Trauma. Noch bevor das olympische Turnier überhaupt begonnen hatte, bedeutete der Bruch des Handwurzelknochens bereits das "Aus". Die 29minütige Mitwirkung im Vorrundenspiel gegen Frankreich (4:0) wertete Schmidt nur noch als Geplänkel, ein Rückzugsgefecht auf internationaler Bühne.

Mit diesem Turnier in München sollte endgültig Schluss seiner internationalen Laufbahn sein, nachzulesen in Schmidts ureigenem Beitrag in dem Büchlein "Hockey, ein Weg zum Gold" (Hrsg. Deutscher Hockey-Bund). Mittlerweile hat Schmidt es sich anders überlegt. Mit Fug und Recht kann behauptet werden, dass jene, damals als "tragisch" empfundene Verletzung, an allem schuld ist. Der ehrgeizige Rüsselsheimer hat das Gefühl entwickelt, um den ganz großen Erfolg betrogen worden zu sein. Zum Beispiel damals in Mexiko, als ein vierter Platz ihn lediglich am olympischen Gold schnuppern ließ.

Mitte Januar, beim internationalen Hallen-Länderturnier in Arnheim, verblüffte Schmidt durch seine Anwesenheit im Kreis der Nationalmannschaft, aus dem er sich ja eigentlich schon verabschiedet hatte. Nahziel ist die Weltmeisterschaft im August dieses Jahres in Amsterdam. Wenn's mit dem Titel klappt, ist dann sicher auch der große Abschied fällig. Fritz Schmidt gehört also wieder dazu und verzichtet diplomatisch auf ein ausdrückliches Dementi seiner Entscheidung von damals. "Ich sehe überhaupt nicht ein, aufzuhören, solange ich noch so gut bin wie früher." Das Argument ist stichhaltig. Er ist noch genauso gut wie damals, im verflixten olympischen Jahr.    ley.