Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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   Was macht eigentlich ...?

Über Mitglieder des RRK (2006)                  

Fritz Schmidt

Fritz Schmidt (links) hat allen Grund zur Freude! Der RRK ist Deutscher Hallenhockey-Meister 1973 (Fritz Schmidt, Dr. Randolf Renker, Mike Martin, Wolfgang Beck, Manfred Liebig, Martin Müller, Klaus Held, Roland Segner, Rainer Seifert, Frieder Fleck, Wolfgang Molitor)

 

 

Was macht eigentlich ... Fritz Schmidt, Olympiasieger von 1972?

Mit Fritz' Methoden der Zeit voraus

Von Benjamin Greve (aus "Die Hockeyzeit", August 2006)
 

Mit 19 Jahren debütierte Friedrich Konrad Schmidt, überall nur als Fritz Schmidt bekannt, in der Nationalmannschaft und wurde nur vier Jahre später der einzige und jüngste Spielertrainer bei seinem Heimatverein Rüsselsheimer RK. Mit ungewöhnlichen und knallharten Trainingsmethoden peitschte das damals 23-jährige Konditionswunder seine Teamkollegen zu Höchstleistungen und führte den Hessen-Club zu insgesamt acht nationalen Titeln. Mittlerweile hat "Schimmi"den Krummstock mit dem Golfschläger gewechselt, und genießt seit drei Jahren den Vorruhestand. So findet die 63-jährige Hockeylegende genügend Zeit, um für seine ehemaligen Weggefährten Golf- und Tennisturniere zu organisieren.

"Fritz war das Beste, was man sich als Kapitän vorstellen konnte. Er wollte den absoluten Erfolg und hat sich für die Mannschaft aufgerieben. Als Trainer arbeitete er unheimlich akribisch, war immer ehrlich und ist mit jedem vor die Tür gegangen", erinnert sich sein langjähriger Weggefährte Thomas Blivier. Es begann im Jahre 1966, als ein junger und hungriger Bäckermeister die ersten Herren des Rüsselsheimer RK als Spielertrainer übernahm. Der 23-jährige Nationalspieler wurde im hessischen Ruder-Klub bei seinem Amtsantritt zunächst belächelt, und keiner der Clubmitglieder erahnte, dass sie mit Fritz Schmidt die erfolgreichste Hockeyepoche der Herren erleben sollten. Von Anfang an versuchte der Mittelfeldregisseur das Training der Nationalmannschaft in den Verein zu übertragen. Als der Jungtrainer die

 Trainingseinheiten von zwei auf vier hochschraubte, zog der Visionär den Unmut seiner Vereinskollegen auf sich. Besonders die nicht in Rüsselsheim ansässigen Spieler erklärten ihren Rücktritt aus den ersten Herren und sprachen sich gegen ihren neuen Trainer aus. "Die älteren Spieler haben mich für verrückt gehalten. Da kommt so ein junger Bengel und lässt mal eben vier- statt zweimal trainieren. Leider waren viele gute Spieler dabei, die den hohen Trainingsaufwand nicht mehr auf sich nehmen wollten. Mit Bodo Schäfer, Hans Hermann und Thomas Blivier sind zum Glück dann doch noch drei routinierte Spieler geblieben, die für das Mannschaftsgefüge sehr wichtig waren. Immerhin musste ich fünf Nachwuchsspieler aus der fugend in die Herrenmannschaft hochziehen und behutsam aufbauen", erinnert sich Schmidt an die personellen Schwierigkeiten durch seinen Amtsantritt. Doch "Schimmi", wie ihn seine Freunde noch heute nennen, blieb seiner Linie treu und beschäftigte sich ausgiebig mit der damaligen Trainingslehre. "Ich habe damals viele Bücher gelesen und mein Wissen in unser Vereinstraining einfließen lassen. Auch von meinem Freund, dem damaligen Zehnkämpfer Werner von Moltke (jetziger Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes, Anm. d. Red.) habe ich mir viele neue Trainingsmethoden abschauen können", verrät das RRK-Mitglied seine damalige Quelle.

Fritz Schmidt im April 1966 im Meisterschaftsspiel des RRK gegen den Offenbacher RV, das der RRK dank der überragenden Leistung des "Konditionswunders" Schmidt mit 3:1 gewann.

Mit Rücksicht auf die Punktspiele am Samstag. wurde am Freitag ausschließlich Strafecken trainiert. Die restlichen vier Tage trainierten die Rüsselsheimer, davon zweimal Stock- und zweimal Lauftraining. Für damalige Verhältnisse ein noch nie da gewesener Trainingsaufwand. Der jetzige Teammanager der Rüsselsheimer Bundesliga-Damen, Thomas Blivier, erinnert sich: "Wir haben damals schon extremes Konditionstraining absolvieren müssen. Mit Bleiwesten wurden wir um den Main gescheucht. Für Hockeyverhältnisse war das schon sehr ungewöhnlich. Mit seinen Methoden war Fritz seiner Zeit voraus und hat uns zu echten Konditionsbolzen getrimmt. Viele Teams waren technisch besser als wir. Der UHC oder Klipper waren damals die Überfliegermannschaften. Trotzdem haben wir auch stärkere Clubs in die Knie gezwungen und sie an die Wand gedrückt."

Es dauerte nicht lange, und die Hessen wurden in der ganzen Bundesliga für ihren Kampfgeist gefürchtet. "Wir haben immer versucht, den Gegner zu zerstören, um dann in den letzten 20 Minuten unser Spiel aufzuziehen. Meistens hat es gereicht. Gerade für solche Ballkünstler wie Martin Müller oder Rainer Seifert war es schwierig, sie vom vielen Training zu überzeugen", so der Konditionsverfechter.

Am 7. Juli 1968 war es dann soweit, und die vielen Übungseinheiten und vergossenen Schweißperlen der RRK-Herren sollten sich bezahlt machen. Vor 5.000 begeisterten Zuschauern errangen die Hessen am Rüsselsheimer Sommerdamm einen grandiosen 4:1-Sieg über Schwarz-Weiß Köln und gewannen erstmals in der Clubgeschichte des RRK die Deutsche Meisterschaft im Feldhockey. Auch nach dem Überraschungstriumph gab es für Nationalspieler Fritz Schmidt keine Gelegenheit zum Verschnaufen und den Hockeyschläger beiseite zu legen. Die Olympischen Spiele in Mexiko standen kurz bevor, und der DHB-Kader absolvierte extra ein Trainingslager in Kenia, um der mexikanischen Höhenluft stand zu halten. Trotz der akribischen Vorbereitung landeten die deutschen Hockey-Herren auf einem enttäuschenden vierten Platz. "Mit unserem Vier-zwei-drei-eins-System haben wir zunächst alle überrascht. Doch unsere Taktik hatte sich schnell rumgesprochen, so dass wir gegen Indien in der Vorrunde verloren. Auf dem Platz war es so heiß, dass sich die Inder die Schuhe auszogen und die zweite Halbzeit barfuß spielten", erinnert sich der 146-fache Nationalspieler an die Kuriosität dieses olympischen Hockeyturniers.

Um sich für seine erste Olympia-Teilnahme optimal vor zubereiten, lief der damals 25-jährige zwölf Kilometer am Tag. Früh morgens um 2.30 Uhr klingelte der Wecker, und "Schimmi" begann den Teig für seine ersten Brötchen zu kneten. Um 10.30 Uhr endete seine Schicht, und Fritz ging in den Wald, um seiner täglichen Laufeinheit nachzugehen. Gegen 13.00 Uhr hat sich der Ausnahmeathlet ins Bett gelegt und seinem Körper ein wenig Ruhe gegönnt. Schließlich musste er abends ja noch seine Ersten Herren trainieren.

Nehmerqualitäten benötigte Fritz Schmidt bei den Olympischen Spielen 1972. Das Vorrundenspiel gegen Frankreich (4:0) sollte seine einzige Partie in München bleiben. Ein Handbruch in einem Vorbereitungsspiel gegen die Niederlande ließen keine weiteren Einsätze zu. Obwohl Schmidt stundenlang über einen Einsatz mit gebrochener Hand grübelte, zeigte er Größe und verzichtete: "Körperlich fühlte ich mich stark genug um aufzulaufen. Doch die Mannschaft ist auch ohne mich soweit gekommen, da wollte ich durch meine Aufstellung nichts durcheinander bringen und das Projekt Olympiagold gefährden."

Noch heute kann der Mittelfeldstratege sich noch gut an die Worte seines Bundestrainers Werner Delmes erinnern, nachdem er ihn über seinen Verzicht informierte: "Jung, Du nimmst mir einen Stein vom Herzen", war Delmes sichtlich erleichtert über die vernünftige Entscheidung. Aus diesem Grunde hat der Rüsselsheimer sich nie als Olympiasieger gefühlt und seinem ersten DM-Titel einen höheren Stellenwert gegeben.

Mit 39 Jahren hat "Schimmi" als Spielertrainer sogar noch mit seinem Sohn Fritz Schmidt Junior in der Bundesliga für Furore gesorgt, bis sein damals 19-jähriger Sohn ihn vor die Wahl stellte: "Entweder Du oder ich. Diese Besserwisserei nervt mich ..."

Auch wenn Fritz Schmidt Senior immer ein harmonisches Vater-Sohn-Verhältnis zu seinem Sprössling pflegte, erklärte er 1982 endgültig seinen Rücktritt als Spieler und 1987 als Trainer.