Mit 19 Jahren debütierte Friedrich Konrad Schmidt, überall nur als Fritz Schmidt
bekannt, in der Nationalmannschaft und wurde nur vier Jahre später der einzige
und jüngste Spielertrainer bei seinem Heimatverein Rüsselsheimer RK. Mit
ungewöhnlichen und knallharten Trainingsmethoden peitschte das damals 23-jährige
Konditionswunder seine Teamkollegen zu Höchstleistungen und führte den
Hessen-Club zu insgesamt acht nationalen Titeln. Mittlerweile hat "Schimmi"den
Krummstock mit dem Golfschläger gewechselt, und genießt seit drei Jahren den
Vorruhestand. So findet die 63-jährige Hockeylegende genügend Zeit, um für seine
ehemaligen Weggefährten Golf- und Tennisturniere zu organisieren.
"Fritz war das Beste,
was man sich als Kapitän vorstellen konnte. Er wollte den absoluten Erfolg und
hat sich für die Mannschaft aufgerieben. Als Trainer arbeitete er unheimlich
akribisch, war immer ehrlich und ist mit jedem vor die Tür gegangen", erinnert
sich sein langjähriger Weggefährte Thomas Blivier. Es begann im Jahre 1966, als
ein junger und hungriger Bäckermeister die ersten Herren des Rüsselsheimer RK
als Spielertrainer übernahm. Der 23-jährige Nationalspieler wurde im hessischen
Ruder-Klub bei seinem Amtsantritt zunächst belächelt, und keiner der
Clubmitglieder erahnte, dass sie mit Fritz Schmidt die erfolgreichste
Hockeyepoche der Herren erleben sollten. Von Anfang an versuchte der
Mittelfeldregisseur das Training der Nationalmannschaft in den Verein zu
übertragen. Als der Jungtrainer die
Trainingseinheiten
von zwei auf vier hochschraubte, zog der Visionär den Unmut seiner
Vereinskollegen auf sich. Besonders die nicht in Rüsselsheim ansässigen Spieler
erklärten ihren Rücktritt aus den ersten Herren und sprachen sich gegen ihren
neuen Trainer aus. "Die älteren Spieler haben mich für verrückt gehalten. Da
kommt so ein junger Bengel und lässt mal eben vier- statt zweimal trainieren.
Leider waren viele gute Spieler dabei, die den hohen Trainingsaufwand nicht mehr
auf sich nehmen wollten. Mit Bodo Schäfer, Hans Hermann und Thomas Blivier sind
zum Glück dann doch noch drei routinierte Spieler geblieben, die für das
Mannschaftsgefüge sehr wichtig waren. Immerhin musste ich fünf Nachwuchsspieler
aus der fugend in die Herrenmannschaft hochziehen und behutsam aufbauen",
erinnert sich Schmidt an die personellen Schwierigkeiten durch seinen
Amtsantritt. Doch "Schimmi", wie ihn seine Freunde noch heute nennen, blieb
seiner Linie treu und beschäftigte sich ausgiebig mit der damaligen
Trainingslehre. "Ich habe damals viele Bücher gelesen und mein Wissen in unser
Vereinstraining einfließen lassen. Auch von meinem Freund, dem damaligen
Zehnkämpfer Werner von Moltke (jetziger Präsident des Deutschen
Volleyball-Verbandes, Anm. d. Red.) habe ich mir viele neue Trainingsmethoden
abschauen können", verrät das RRK-Mitglied seine damalige Quelle.
Fritz Schmidt im April 1966 im
Meisterschaftsspiel des RRK gegen den Offenbacher RV, das der RRK dank der
überragenden Leistung des "Konditionswunders" Schmidt mit 3:1 gewann. |
Mit Rücksicht auf die Punktspiele am
Samstag. wurde am Freitag ausschließlich Strafecken trainiert. Die restlichen
vier Tage trainierten die Rüsselsheimer, davon zweimal Stock- und zweimal
Lauftraining. Für damalige Verhältnisse ein noch nie da gewesener
Trainingsaufwand. Der jetzige Teammanager der Rüsselsheimer Bundesliga-Damen,
Thomas Blivier, erinnert sich: "Wir haben damals schon extremes
Konditionstraining absolvieren müssen. Mit Bleiwesten wurden wir um den Main
gescheucht. Für Hockeyverhältnisse war das schon sehr ungewöhnlich. Mit seinen
Methoden war Fritz seiner Zeit voraus und hat uns zu echten Konditionsbolzen
getrimmt. Viele Teams waren technisch besser als wir. Der UHC oder Klipper waren
damals die Überfliegermannschaften. Trotzdem haben wir auch stärkere Clubs in
die Knie gezwungen und sie an die Wand gedrückt."
Es dauerte nicht lange, und die
Hessen wurden in der ganzen Bundesliga für ihren Kampfgeist gefürchtet. "Wir
haben immer versucht, den Gegner zu zerstören, um dann in den letzten 20 Minuten
unser Spiel aufzuziehen. Meistens hat es gereicht. Gerade für solche
Ballkünstler wie Martin Müller oder Rainer Seifert war es schwierig, sie vom
vielen Training zu überzeugen", so der Konditionsverfechter.
Am 7. Juli 1968 war es dann soweit,
und die vielen Übungseinheiten und vergossenen Schweißperlen der RRK-Herren
sollten sich bezahlt machen. Vor 5.000 begeisterten Zuschauern errangen die
Hessen am Rüsselsheimer Sommerdamm einen grandiosen 4:1-Sieg über Schwarz-Weiß
Köln und gewannen erstmals in der Clubgeschichte des RRK die Deutsche
Meisterschaft im Feldhockey. Auch nach dem Überraschungstriumph gab es für
Nationalspieler Fritz Schmidt keine Gelegenheit zum Verschnaufen und den
Hockeyschläger beiseite zu legen. Die Olympischen Spiele in Mexiko standen kurz
bevor, und der DHB-Kader absolvierte extra ein Trainingslager in Kenia, um der
mexikanischen Höhenluft stand zu halten. Trotz der akribischen Vorbereitung
landeten die deutschen Hockey-Herren auf einem enttäuschenden vierten Platz.
"Mit unserem Vier-zwei-drei-eins-System haben wir zunächst alle überrascht. Doch
unsere Taktik hatte sich schnell rumgesprochen, so dass wir gegen Indien in der
Vorrunde verloren. Auf dem Platz war es so heiß, dass sich die Inder die Schuhe
auszogen und die zweite Halbzeit barfuß spielten", erinnert sich der 146-fache
Nationalspieler an die Kuriosität dieses olympischen Hockeyturniers.
Um sich für seine erste
Olympia-Teilnahme optimal vor zubereiten, lief der damals 25-jährige zwölf
Kilometer am Tag. Früh morgens um 2.30 Uhr klingelte der Wecker, und "Schimmi"
begann den Teig für seine ersten Brötchen zu kneten. Um 10.30 Uhr endete seine
Schicht, und Fritz ging in den Wald, um seiner täglichen Laufeinheit
nachzugehen. Gegen 13.00 Uhr hat sich der Ausnahmeathlet ins Bett gelegt und
seinem Körper ein wenig Ruhe gegönnt. Schließlich musste er abends ja noch seine
Ersten Herren trainieren.
Nehmerqualitäten benötigte Fritz
Schmidt bei den Olympischen Spielen 1972. Das Vorrundenspiel gegen Frankreich
(4:0) sollte seine einzige Partie in München bleiben. Ein Handbruch in einem
Vorbereitungsspiel gegen die Niederlande ließen keine weiteren Einsätze zu.
Obwohl Schmidt stundenlang über einen Einsatz mit gebrochener Hand grübelte,
zeigte er Größe und verzichtete: "Körperlich fühlte ich mich stark genug um
aufzulaufen. Doch die Mannschaft ist auch ohne mich soweit gekommen, da wollte
ich durch meine Aufstellung nichts durcheinander bringen und das Projekt
Olympiagold gefährden."
Noch heute kann der
Mittelfeldstratege sich noch gut an die Worte seines Bundestrainers Werner
Delmes erinnern, nachdem er ihn über seinen Verzicht informierte: "Jung, Du
nimmst mir einen Stein vom Herzen", war Delmes sichtlich erleichtert über die
vernünftige Entscheidung. Aus diesem Grunde hat der Rüsselsheimer sich nie als
Olympiasieger gefühlt und seinem ersten DM-Titel einen höheren Stellenwert
gegeben.
Mit 39 Jahren hat
"Schimmi" als Spielertrainer sogar noch mit seinem Sohn Fritz Schmidt Junior in
der Bundesliga für Furore gesorgt, bis sein damals 19-jähriger Sohn ihn
vor die Wahl stellte: "Entweder Du oder ich. Diese Besserwisserei nervt mich
..."
Auch wenn Fritz Schmidt Senior immer
ein harmonisches Vater-Sohn-Verhältnis zu seinem Sprössling pflegte, erklärte er
1982 endgültig seinen Rücktritt als Spieler und 1987 als Trainer.