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Über Mitglieder des
RRK (2007)
Dr. Peter Hochgesand |
Dr. Peter Hochgesand |
"Zitadellenmauern droht der Einsturz"
IZM-Vorsitzender
Hochgesand konfrontiert SPD-Stadtratsfraktion mit Problemsituationen
Von Bernd Funke (aus
"Allgemeine Zeitung" vom 24.04.2007)
OBERSTADT Die Zitadelle müsse als
Naherholungsgebiet belebt werden, forderte der Vorsitzende der Initiative
Zitadelle Mainz (IZM), Prof. Peter Hochgesand, gestern bei einem Rundgang mit
Mitgliedern der SPD-Stadtratsfraktion durch die Festung.
Was IZM-Vorsitzender Peter
Hochgesand den auf Vermittlung von Oberstadt-Ortsvorsteher Wilfried Jung zur
Führung durch ober- und unterirdische Bereich der Zitadelle erschienenen
Sozialdemokraten vermittelte, klang erschreckend: "Die Zitadelle leidet. An
vielen Stellen bröckelt es, Mauern drohen einzustürzen." Hochgesand gab dabei
nicht nur einen umfassenden geschichtlichen Überblick über die
Entstehungsgeschichte der Festungsanlage, sondern verwies auch auf einen
einstimmigen Stadtratsbeschluss von 2004, die Zitadelle zu erhalten.
Prof. Peter Hochgesand von der IZM (3. von
links) informierte beim Rundgang auf der Zitadelle mit der
SPD-Stadtratsfraktion auch anhand eines Luftbildes der Anlage.
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Zwar sei, so skizzierte Hochgesand
Widersprüchliches, die um 1660 entstandene Anlage seit 1907 als eines der ersten
Flächendenkmäler Deutschlands geschütztes Kulturdenkmal, doch stünden
Teilbereiche seit 1986 unter Landschaftsschutz. "Unter diesem Spannungsfeld
leidet die Zitadelle", beklagte Hochgesand und verwies einmal mehr darauf, dass
die Vegetation nicht etwa durch Anpflanzungen, sondern durch Aussamung
entstanden sei.
In Städten wie Jülich, Erfurt oder
Berlin-Spandau, in denen ebenfalls Zitadellen zu finden sind, sei die
Wiederherstellung hervorragend gelungen. So seien für die Erhaltung der
Zitadelle auf dem Erfurter Petersberg von Stadt und Land bislang rund 17
Millionen Euro aufgewendet worden. Nur die Stadt Mainz, alleinige Besitzerin der
barocken Festung, in der auf engstem Raum 2000 Jahre Geschichte zu erleben sei,
habe ihre Zitadelle bislang nicht instand gesetzt.
Die IZM habe sich mit derzeit 135
Mitgliedern zum Ziel gesetzt, einen Kompromiss zu finden zwischen
Maximalforderungen der Naturschützer, die ein Biotop für Pflanzen und Tiere auch
auf die Gefahr hin wollten, "dass die Mauern einstürzen", und denen der
Denkmalschützer: "Wir möchten, dass die 4000 Quadratmeter Mauer naturverträglich
saniert wird." Dass heiße aber auch, dass mauersprengende Hartwurzler entfernt
werden müssten. "Die Zitadelle muss optisch wahrzunehmen sein und als
Naherholungsgebiet belebt werden", forderte Hochgesand. In diesem Zusammenhang
wiederholte er die bereits diskutierte Forderung nach einem Rheinblick-Café auf
dem jetzigen Behördenparkplatz im Innenhof.
SPD-Fraktionschef Oliver Sucher
wiederholte seinen in der AZ gemachten Vorschlag, die Zitadelle zu verkaufen. Es
müsse jedoch ein Gestaltungskonzept vorliegen, in dem an museale, kulturelle
oder Wohnnutzung gedacht sei ("Nicht mehr für diesen Doppelhaushalt"), das aber
auch die Zukunft des "Open Ohr"-Festivals berücksichtige. Sucher: "Ich sehe
darin eine Möglichkeit, eine Sanierung und Erhaltung zu finanzieren, aber das
ist keine Erfindung von mir." Er sei sich der Schwierigkeiten bewusst, "aber was
an Konzeptionen möglich ist, muss diskutiert werden". Immerhin habe, verwies
Sucher auf die aktuelle Mainzer Haushaltslage, "die Stadt Vermögen, das
schlummert".
Ideen beim großen Vauban "geklaut"
Spuren des
bedeutendsten Festungsbaumeisters der Geschichte auch in der Zitadelle
Von Bernd Funke (aus
"Allgemeine Zeitung" vom 13.04.2007)
Ein im Antiquariat
erstandenes Buch aus dem Jahre 1744 lässt den Vorsitzenden der Initiative
Zitadelle Mainz (IZM) ins Schwärmen geraten. Es ist das Werk des großen
französischen Festungsbaumeisters Vauban, dessen Ideen sich auch in Mainz
auswirkten.
Vor der imposanten Kulisse der vom Bewuchs
weitgehend freigelegten Bastion Drusus der Zitadelle präsentieren Kay-Uwe
Schreiber (links) und Professor Dr.
Peter Hochgesand (rechts) das von Dr.
Gerd Rupprecht erstandene Werk. |
Gerade erst
wurde der 300. Todestag des Sébastien la Prêtre de Vauban gefeiert – und schon
ist Dr. Gerd Rupprecht zwar um eine erkleckliche Summe ("Fast meine ganzen
Ersparnisse") ärmer, aber um ein wertvolles Buch reicher. Das 1744 in Berlin
gedruckte Werk trägt den für diese Zeit langatmigen Titel "Der Angriff und die
Vertheidigung der Festungen durch den Herr von Vauban, Marschall von Frankreich
und Generaldirektor aller festen Plätze dieses Königreichs".
Ins Deutsche übersetzt "zu desto
bequemeren Gebrauch derer Preußischen Herren Officiers" ist das Buch nun höchst
willkommene Literatur für Prof. Peter
Hochgesand, den Vorsitzenden der Initiative Zitadelle Mainz (IZM) und
ihren neuen Pressesprecher Kay-Uwe Schreiber. Nicht ohne Grund: "Vaubans Denken
und seine Erfindungen spiegeln sich der der Mainzer Zitadelle wieder", hat
Rupprecht erkannt. Und Hochgesand verweist darauf, dass man den Bau der
Zitadelle in europäischem Zusammenhang sehen müsse. "In einer Zeit, in der
Gewaltiges geschaffen wurde", betont Rupprecht, der das Innenleben des
unterirdischen Gangsystems der Zitadelle ebenso wie deren barocke Aufbauten wie
kaum ein Zweiter kennt und weiter erforscht.
Beim Namen Vauban geraten die drei
Zitadellen-Experten nachgerade ins Schwärmen. Gerade 25 Jahre alt, leitete er
bereits die Belagerungen von Gravelines, Ypern und Oudenaarde. 1662 zeigte er
beim Bau der Befestigungen von Dünkirchen, Lille, Ath und Charleroi sein Talent
als Kriegsbaumeister. Rupprecht: "In seiner 57-jährigen Dienstzeit nahm der
Generalinspekteur der französischen Festungen an 53 Belagerungen und 140
Gefechten teil. Insgesamt war Vauban am Bau von 160 Festungsanlagen beteiligt."
Das Besondere an Vaubans Ideenvielfalt sei, dass er aus der Fülle der ihm
bekannten Möglichkeiten, eine Festung zu bauen, immer die eingesetzt habe, die
den landschaftlichen und taktischen Gegebenheiten am besten entsprochen habe.
"Er war der erste, der sich dem Gelände anpasste, ohne ein festes System zu
haben."
Einige der flexiblen "Versatzstücke"
Vaubanscher Festungsbaukunst finden sich auch in der Mainzer Zitadelle wieder.
Deren Baumeister, die unter Kurfürst Johann Philipp von Schönborn in den Jahren
1659 bis 1661 eine zweite Befestigung anlegten, die jede des Johann Schweikard
von Kronberg aus den Jahren 1620/29 ersetzte, hatten bereits Gelegenheit, die
Ideen des französischen Festungsbaumeisters einfließen zu lassen. "Vauban hat ja
nicht nur in Frankreuch, sondern auch im heutigen benachbarten Ausland seine
Spuren hinterlassen", kommentiert Gerd Rupprecht und merkt an, dass sich der
geniale Vauban auch als Stadtplaner und Erbauer einer großen Zahl von
Einzelbauwerken einen Namen gemacht habe. So habe die Stadt Saarlouis ihre
Entstehung Vauban zu verdanken, der 1680 Pläne zum Bau der Stadt und Festung
"Sarre-Louis" erarbeitet habe. Aber mehr noch: Durch zahlreiche Schriften zur
Militärführung, zu Außen- und Kolonialpolitik und zu sozialen Fragen sei Vauban
als kritischer Denker und Reformer bekannt. |