Rüsselsheimer Ruder-Klub 08 "Archiv und Chronik"

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Denise Klecker

Denise Klecker, die Kämpferin

Denise, Hockey-Nationalspielerin hat die Olympischen Spiele in Sydney erlebt und kämpft derzeit um die Nominierung für Athen.
Das ist ihr Bericht:

"In noch nicht einmal zwei Monaten ist es soweit: Die Olympischen Spiele in Athen werden eröffnet. Wahnsinn! und das ist es wirklich. Vor vier Jahren war ich in Sydney mit dabei und jetzt ist es schon wieder so weit. Ich könnte das zweite Mal in meinem Leben an Olympia teilnehmen.

Zu Beginn meiner sportlichen Karriere, die damals noch ganz in den Kinderschuhen steckte, schließlich war ich gerade mal knappe 10 Jahre alt, habe ich mich entschlossen, einmal im Leben ein Länderspiel in der Damenhockey-Nationalmannschaft zu bestreiten. Heute sind es 165 Spiele. Hätte mir damals einer gesagt, ich bekomme mal die Chance an Olympischen Spielen teilzunehmen, ich hätte ihm nur ein Lächeln geschenkt. Waren die Olympischen Athleten nicht die, denen ich vor dem Fernseher zujubele, wenn sie mit der deutschen Fahne vorne weg ins Olympiastadion einlaufen?

Heute, 22 Jahre später, weiß ich mehr über das wahren Leben eines Hockeysportlers, der schon viele Höhen und Tiefen miterleben durfte. Im Alter von 13 Jahren vertrat ich das erste Mal die deutschen Farben auf dem Kunstrasenplatz. Von der Jugend-Nationalmannschaft aus schaffte ich irgendwann mit 18 Jahren den Sprung zu den Juniorinnen und dann kam 1995 endlich das erste offizielle Länderspiel mit der Damen-Nationalmannschaft. Ein unvergessener Moment meiner Karriere. Und auch schon kurz danach, hatte das Wort "Olympia" eine neue Bedeutung bekommen. 1996 in Atlanta war ich leider nicht dabei (die Entscheidungen eines Trainers sind manchmal unergründlich für einen Spieler), aber nach der "Niederlage" war für mich eines sicher: In Sydney will ich eine der 16 Spielerinnen sein, die für Deutschland an den Start geht und so kam es dann auch. Ein dreiviertel Jahr lang tat ich von morgens bis abends nichts anderes als dieses Ziel zu erreichen, einmal im Leben bei Olympischen Spielen dabei zu sein. Und am Ende hat sich mein Fleiß ausgezahlt :-) Mit zwei bis drei Trainingseinheiten am Tag und dem absoluten Willen im Hinterkopf sich diesen Lebenstraum zu erfüllen, konnte am Ende der Trainer nicht mehr an mir vorbei, so dass ich heute auf ein unglaublich wunderbares Sporterlebnis zurückblicken kann.

So wie damals soll es dieses Jahr wieder werden und dementsprechend gehe ich auch an die Sache ran. Der eigentliche Arbeitsplatz am Schreibtisch vor dem Computer ist eingetauscht gegen das Trainingsgelände und der Tagesablauf wird bestimmt durch Training, Essen, Schlafen. Egal ob im Kraftraum, auf der Laufbahn oder dem Hockeyplatz, eines ist immer mit dabei: Die Vorfreude auf Olympia. Da macht es Spaß zu trainieren, sich zu quälen :-) Und in kaum 60 Tagen könnte sich ein zweites Mal ein Traum in meinem Leben erfüllen. Doch noch ist es nicht soweit. Bis dorthin muss ich noch einige Male meine Leistung in Länderspielen und auf Trainingsmaßnahmen mit der Nationalmannschaft zeigen. Denn eins ist mir in meiner Karriere schnell klar geworden: Am Ende entscheidet der Trainer. Schließlich darf er bis zum 19. Juli 2004 nur 16 Spielerinnen für das größte Sportereignis der Welt nominieren, und wenn am Ende mein Name auf der Liste stehen sollte, dann haben sich Ausdauer, Fleiß und Wille mal wieder ausgezahlt :-)    Eure Denise"


Denise Klecker darf doch mit nach Athen fahren

Hockey: Drei Spielerinnen von Meister RRK stehen im deutschen Olympia-Aufgebot

Der Rüsselsheimer Ruder-Klub ist bei den Olympischen Spielen in Athen mit drei Akteurinnen vertreten. Damenhockey-Bundestrainer Markus Weise, der 15 der 16 Startplätze vergab, hat für den Angriff Silke Müller nominiert. Außerdem vertraut er in der Defensive auf zwei Spielerinnen des deutschen Feld- und Hallenmeisters. Neben Mandy Haase, deren Olympia-Teilnahme als sicher galt, berief Weise auch Denise Klecker in das Aufgebot.

Noch für das Olympia-Qualifikationsturnier im März in Neuseeland war die 32 Jahre alte Defensiv- und Eckenspezialistin des RRK nicht berücksichtigt worden. Weise hatte dies damals mit der mangelnden Fitness der Ausgebooteten begründet, was Klecker nicht nachvollziehen konnte, da sie über die sechstbesten Laktatwerte verfügt hatte. Während es für Müller und Haase das erste Olympische Turnier sein wird, verfügt Klecker, die das Trikot der Auswahlmannschaft schon über 160 Mal übergestreift hat, bereits über Olympia-Erfahrung.

Bei den Spielen 2000 in Sydney reichte es unter dem damaligen Bundestrainer Berti Rauth (Rüsselsheimer RK) allerdings nur für einen enttäuschenden siebten Platz. Vor den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta wähnte sich Klecker im Kader, um dann doch zu Hause zu bleiben.


   Denise Klecker –
Olympia als Karriere-Schlusspunkt

Rüsselsheims kreative Abwehrspielerin mit starker Strafecke

Jahrgang 1972
Dipl.-Pädagogin
Rückennr. 3 

1992   1.Platz   U21-Europameisterschaft Edinburgh
1993   3.Platz   U21-Weltmeisterschaft Terrassa
1995   3.Platz   Europameisterschaft Amstelveen
1995   4.Platz   Champions-Trophy Mar del Plata (ARG)
1997   2.Platz   Champions Trophy Berlin
1998   1.Platz   Hallen-Europameisterschaft Orense
1998   3.Platz   Weltmeisterschaft Utrecht
1999   2.Platz   Europameisterschaft Köln
2000   3.Platz   Olympic Qualifier Milton Keynes
2000   2.Platz   Champions Trophy Amstelveen
2000   7.Platz   Olympische Spiele Sydney
2002   1.Platz   Hallen-Europameisterschaft Frankreich
2002   7.Platz   Weltmeisterschaft Perth
2003   1.Platz   Hallenhockey-Weltmeisterschaft Leipzig
2003   1.Platz   Champions Challenge Catania
2003   3.Platz   Europameisterschaft Barcelona 

174 Länderspiele, 39 Tore (Stand: 24.7.04)

dha - Denise Kleckers ganze Konzentration gilt den Olympischen Spielen in Athen. Dass für die 32-Jährige Abwehrchefin des Rüsselsheimer RK am 31. August ihr Arbeitsvertrag bei der Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain ausläuft und sie ab dem 1. September erst einmal ohne Job ist, daran verschwendet sie zurzeit keinen Gedanken. "Ich habe mich bei der Bundesanstalt für Arbeit gemeldet, das war es dann aber auch", sagt Denise. "Wenn wir zurück aus Athen sind, kümmere ich mich darum."

Gern würde die kreative Athletin auch weiter im Bereich der Betreuung von Sportprojekten arbeiten. Immer hin hat sie zuvor über ein Jahr als Unternehmensberaterin für die Frankfurter Olympia-Bewerbungsgesellschaft gearbeitet und Frankfurts Präsentation als deutsche Olympia-Bewerberstadt für die Spiele 2012 mit organisiert. Eigentlich ist Denise Klecker Diplom-Pädagogin mit dem Schwerpunkt Sonderpädagogik, absolvierte aber auch schon ein viermonatiges Praktikum bei der Deutschen Sport-Marketing GmbH, der exklusiven Vermarktungsfirma des NOK und der Stiftung Deutsche Sporthilfe sowie eine halbjährige Weiterbildung an der Steuer- und Wirtschaftsakademie.

Die Spiele 2000 in Sydney hatte sie sich bereits hart erarbeitet. Als Reaktion darauf, dass sie vor den Spielen 1996 in Atlanta kurzfristig aus dem Kader gestrichen wurde, nahm sie sich nach dem Studienabschluss im Herbst 1999 neun Monate frei, um sich für ihr Ticket nach Australien so intensiv wie möglich vorzubereiten. Die bittere Erfahrung von Atlanta habe sie geprägt, meint Klecker. "Ich denke sogar, dass Spielerinnen, die solche persönlichen Niederlagen nicht erlebt haben, um eine wichtige Erfahrung ärmer sind."

Die Teilnahme an den Spielen in Athen ist die Erfüllung eines großen Wunsches für Denise. Als bisher einzige Spielerin des Olympiakaders hat sie nämlich ganz klar angekündigt, dass sie danach ihre internationale Karriere endgültig beendet. "Das nächste Highlight ist die Champions Trophy in Argentinien und da muss Markus Weise die Chance bekommen, mit einem jungen Team hinzufahren, um es auf Top-Niveau für große Aufgaben in der Zukunft vorzubereiten. Da will ich auf keinen Fall einen Platz wegnehmen. Mein großes Ziel ist deshalb auch, in Athen mindestens Sechster zu werden, um der Mannschaft auch 2005 automatisch die Champions Trophy Qualifikation zu erhalten – sozusagen als kleines Vermächtnis." Eine Prognose für die Spiele wagt sie lieber nicht. 2000 hatten beide Teams deutlich unter den Erwartungen abgeschnitten. Die Weltspitze sei noch enger zusammengerückt als vor vier Jahren. "Wenn wir alle Spiele super spielen und trotzdem nur Achter werden, fahre ich vielleicht auch mit einem guten Gefühl nach Hause. Für mich persönlich ist wichtig, gesund durch das Turnier zu kommen und selbst optimale Leistung zu bringen."

Gespannt ist Denise auch diesmal auf eine besondere Bewertung. Assistenztrainer Wolfgang Kluth pflegt die Trinkflasche zu benoten, die Denise für jedes große Turnier neu beklebt. "Die Benotung ist aber nie fair", sagt die Strafeckenschützin des Nationalteams und lacht. Kreative Arbeiten gehören generell zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. An erster Stelle steht aber der Sport. Keine Sportart ist dabei vor ihr "sicher".

So testete sie schon viele Disziplinen des Olympischen Programms, vom Trampolinspringen bis hin zum Boxtraining. Eigentlich hatte die kleine Denise in ihrer Heimatstadt Mainz Fußballspielen wollen, fand aber keinen passenden Verein dafür. Statt dessen kam die damals Neunjährige über ihren Klassenlehrer zum Schulhockey-Training der damaligen DHB-Damenwartin Ulrike Diehl und dort auf den Geschmack. Das spontane Versprechen an Lehrer Specht, nach dem ersten A-Länderspiel eine Postkarte zu schicken, hielt sie 1994, 13 Jahre später, tatsächlich.

Bis 1989 spielte Denise Klecker für den TSV Schott Mainz, dann folgte der Wechsel zum Rüsselsheimer RK in die Bundesliga, dem sie nun schon 13 Jahre treu ist. Die Mainzer Fastnacht ist dennoch bis heute Pflicht – wenn möglich immer an der gleichen Stelle während des Rosenmontagszuges. 2002 zog die Kapitänin des RRK auch erst in diesem Jahr mit Sack und Pack von Mainz nach Rüsselsheim um. Dort bildet sie jetzt mit ihrer besten Freundin und Co-Kapitänin, der österreichischen Nationalspielerin Irene Balek, eine Wohngemeinschaft.

"Ich fühle mich in Rüsselsheim nach wie vor ungemein wohl und werde auch weiter hier wohnen bleiben", tritt die 32-Jährige, die sich selbst einen T-Shirt-Tick (über 250 Stück trotz jährlicher Reduzierung um 50 Stück) attestiert, anders lautenden Gerüchten entgegen. Allerdings trifft man Denise seit einiger Zeit auch häufiger mal in Singen am Bodensee – im "Hockey-Entwicklungsland" Baden, wie sie selbst sagt – weil dort ihr neuer Freund lebt. Bei der gut funktionierenden "long-distance-Beziehung" soll es erst einmal auch bleiben, denn Denise sieht ihre berufliche und sportliche Zukunft definitiv im Großraum Rüsselsheim. In der Bundesliga wird sie weiter dem RRK die Treue halten und freut sich auf gleich zwei Europapokal-Teilnahmen im nächsten Jahr – und gerade der Cup der Landesmeister auf dem Feld ist auch für die Europapokal-verwöhnten Rüsselsheimerinnen immer noch ein ganz besonderes Highlight, denn dort steht erst ein Sieg auf der Erfolgsliste. 


Nach 20 Flaschen ist Schluss

Olympische Spiele: Denise Klecker, Silke Müller und Mandy Haase fahren mit dem Hockey-Nationalteam nach Athen

Von Ralph Göthling (aus "Rüsselsheimer Echo" vom 04.08.2004)

20 Flaschen aus Aluminium hat die "Bastelkönigin" schon zusammen. Vor jedem großen Turnier kommt eine dazu. Auf die neuste hat Denise Klecker "Olympische Spiele 2004" in griechisch geschrieben und das offizielle Hockey-Olympiamaskottchen geklebt. Mehr Flaschen werden es wohl nicht werden. Für die Zweiunddreißigjährige soll das Olympia-Turnier von Athen das letzte ihrer langen Karriere sein. Zwölf Jahre hat sie im Nationalteam gespielt, 175 Länderspiele absolviert. Dann will die Verteidigerin nur noch für ihren Verein, den Rüsselsheimer Ruder-Klub (RRK), auflaufen. Die bunt verzierten Trinkflaschen erhalten dann einen Ehrenplatz in der Glasvitrine.

Oberbürgermeister Stefan Stefan Gieltowski begrüßt sie stets mit "Hallo Nachbarin": Die Eckballspezialistin aus Mainz teilt sich mit Klubkameradin Irene Balek seit über zwei Jahren eine Wohnung am Marktplatz direkt neben dem Rathaus. Seit 1989 ist sie beim RRK am Ball. "Mir gefällt es hier. Es gibt viele Feste, viel Kultur. Hier wird viel für den Bürger getan, es ist eine ganz tolle Familienstadt", lobt Klecker. Was Einheimische zuweilen unerträglich finden, schätzt die Hockeyspielerin an der Main-Stadt besonders: "Bei den vielen Flugzeugen bekomme ich immer Fernweh." Den Lärm überhört sie einfach.

Hockeyspieler haben eigentlich nie Pause: Wenn die Feldsaison zu Ende geht, schließt sich fast nahtlos die Hallenrunde an. Für Nationalspieler kommen vor großen internationalen Turnieren – die eigentlich jedes Jahr stattfinden – noch bis zu 150 Lehrgangstage jährlich dazu. Angesichts der vielen Reisen ist der nahe Frankfurter Flughafen ein Segen. "Rüsselsheim liegt sehr zentral."

Kommende Woche ist wieder Abflug. Das Ziel heißt Athen. Für Denise Klecker sind es bereits die zweiten Olympischen Spiele. In Sydney vor vier Jahren wurde das deutsche Team Siebter. Egal wie es diesmal ausgeht ("Wir sind keine Medaillenfavoriten, wollen aber unter die besten Sechs, vielleicht ins Halbfinale"), bleiben nach dem Turnier noch drei Tage, um sich im "Deutschen Haus" und an den Wettkampfstätten zu tummeln und zu feiern. Den Reiz des Sportfests in Worte zu fassen fällt ihr erst schwer: „Ein unbeschreibliches Flair.“ Dann sprudelt es doch aus ihr heraus: "Es ist wie im Märchen. Im Athletendorf kriegt man alles, was man will. Sportler verschiedener Disziplinen treffen sich, helfen sich gegenseitig." Ein Fest des Friedens, bei dem es nicht immer leicht sei, sich auf die eigentliche Aufgabe zu konzentrieren.

Die Griechen, ist sie sicher, werden "herzliche Spiele" feiern, auch wenn wohl mit der ein oder anderen organisatorischen Panne zu rechnen ist. "Sie werden aber alles dafür tun, dass es den Sportler gut geht." Doch im Fokus steht das Turnier. Dafür hat die Diplompädagogin ihren Arbeitsplatz bei der Wirtschaftsinitiative Frankfurt/Rhein-Main in den vergangenen Monaten des öfteren gegen Kraftraum, Laufbahn oder Hockeyplatz getauscht. Mehrfaches Training, Essen, Schlafen bestimmte ihren Tagesablauf, damit ihr Traum noch einmal wahr wird. Und sie danach zufrieden zurücktreten kann. "Für einen Amateursportler, der mit seiner Sportart kaum Geld verdient, ist es immer eine Gratwanderung, wie lange man den Sport macht und was man dafür opfert." Oft hat sich die Kämpfernatur gequält. Nun soll Schluss sein mit Entbehrungen. Silke Müller kriegt Gänsehaut, wenn Vereinskollegin Denise von Olympia schwärmt. Auch die RRK-Stürmerin gehört zu den 16 Nationalspielerinnen, die in Athen nach Medaillen greifen. Vor drei Jahren wechselte die 25 Jahre alte Frankfurterin von der Eintracht. "Beim RRK herrscht eine familiäre Atmosphäre, ich fühle mich sehr wohl." Obwohl sie in Frankfurt wohnt, "komme ich nicht nur der Pflicht wegen nach Rüsselsheim." Immer, wenn es ihre Zeit zulässt, trifft sie hier Freunde – "Es gibt viele schöne Orte, den Ostpark oder am Main."

75 Mal hat die Junioren-Europameisterin das Nationaldress getragen, doch ihre erste Olympia-Teilnahme ist etwas besonderes: "Früher habe ich vorm Fernseher den Sportlern zugejubelt, jetzt bin ich eine von ihnen." Für sie ist die Nominierung Belohnung für harte Arbeit. Auch die ausgebildete Hotelfachfrau, die noch beim Landessportbund am Empfang arbeitet, hatte neben ihrem Schichtdienst monatelang alles dem Ziel Olympia untergeordnet.

Nach den Spielen steht dann eine "berufliche Testphase" an: Ihr Vertrag läuft aus, und die Halbspanierin schwärmt vom Fernsehen und träumt von einer Schauspielkarriere. Mit ihren Imitationen ist das quirlige Energiebündel für gute Laune im Team zuständig. "Selbstbewusst" will sie ins Spiel gehen, "den Großen ein Bein stellen." Unbefangen ist sie: "Ich mache mir keine großen Gedanken." Sie wollen ihr Bestes geben. Alle. Und wenn es dennoch nicht reicht? "Dann reicht’s halt nicht." Basta. Die Party, soviel ist sicher, fällt deshalb nicht aus.


Zwei aufgeregte Neulinge und ein Olympia erprobter Hockey-"Oldie"

Mit Denise Klecker, Silke Müller und Mandy Haase stellt der Rüsselsheimer RK auch in Athen wieder drei Nationalspielerinnen für die DHB-Auswahl

Von Martin Krieger (aus Sonderbeilage "Main-Spitze" vom 11.08 2004)

Aller guten Dinge sind drei, besagt ein Sprichwort. Auf die Hockeyabteilung des Rüsselsheimer Ruder-Klubs (RRK) übertragen bewahrheitet sich diese Binsenweisheit in wenigen Tagen im doppelten Sinne. Zum dritten Mal hintereinander stellt der vergleichsweise kleine Verein drei Nationalspielerinnen für das Olympische Hockeyturnier ab. Zuvor, 1992 in Barcelona, war sogar ein RRK-Quintett daran beteiligt, dass am Ende die Silbermedaille errungen wurde.

Die Beharrlichkeit, mit der "Krummstockartistinnen" vom Untermain in der Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) auftauchen, kommt freilich nicht von Ungefähr. Zum zweiten Mal in der 96-jährigen Klubgeschichte sind die RRK-Damen in diesem Jahr aktueller Feld- und Hallenmeister geworden. Und die Rüsselsheimer Erfolgsgeschichte im Europapokal-Wettbewerb der Landesmeister sucht sowieso ihresgleichen: Ende Februar konnte in der heimischen Walter-Köbel-Halle der 13. Titelgewinn seit 1990 gefeiert werden.

Dass die beispiellose Erfolgsgeschichte ebenso mit einem Namen verbunden ist wie die neuerliche RRK-Präsenz im DHB-Olympiateam, darüber sind sich in Rüsselsheim alle einig. Berti Rauth, zwischen 1995 und 2000 als Damen-Bundestrainer am Ruder, hat auch das Athen-Trio viel zu verdanken.

Jüngstes Mitglied im DHB-Aufgebot

"Berti Rauth ist ein wahnsinnig guter Trainer", sagt etwa Mandy Haase. Die 22 Jahre alte zentrale Abwehrspielerin, jüngstes Mitglied im 16-köpfigen DHB-Aufgebot von Bundestrainer Markus Weise (Mannheim), nimmt aus diesem Grund seit 1995 pro Jahr etwa 25.000 Kilometer auf sich, um aus dem Großraum Heidelberg nach Rüsselsheim zum Training zu fahren.

Dass sie nach gerade 32 Länderspielen nun "das Größte erleben darf, was im Sportlerleben möglich ist", kann sie noch immer nicht recht fassen. "Ich glaube es erst wirklich, wenn wir dort sind." Ergo sei sie "wahnsinnig aufgeregt", wenn sie an Athen denke.

"Aber es ist ganz wichtig, trotz allem das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren ‒ nämlich ein gutes Turnier zu spielen. "Und weil in der schweren Vorrundengruppe B faktisch jedes Spiel ein Endspiel sei, "muss man immer an seine Grenzen gehen", sagt Mandy, die mit ihren Eltern 1989 aus Leipzig an den Neckar umsiedelte.

Gerne würde sie in Athen bei der Leichtathletik reinschauen, "aber es wird wohl schwierig, da an Karten ranzukommen. "Ergo, gilt alle Konzentration dem Hockeyturnier, bei dem sie "von Spiel zu Spiel denken will". Peking könnte sie in vier Jahren vor allem deshalb reizen, "weil ich unheimlich gerne mal mit meiner Schwester Lydia zusammenspielen würde. Doch da mit Hockey nichts zu verdienen ist, muss ich auch mein Studium voranbringen", sagt Haase. Dass die "Dresdner Bank" Mannheim seit Mai als Privatsponsor auftritt, könnte ihr die Ausbildung zur Gymnasiallehrerin etwas leichter machen.

Debütantin mit Comedy-Qualitäten

Ebenfalls das erste Mal unter dem Banner mit den fünf Ringen wird Silke Müller mit Schläger und Hartplastikball hantieren. Ebenso wie Mandy Haase hatte die 25-Jährige ihr Athen-Ticket vorzeitig in der Tasche. "Aber ich hätte es auch nicht schlimm gefunden, wenn ich normal nominiert worden wäre", sagt die noch bis September beim Landessportbund in Frankfurt beschäftigte Hotelfachfrau. Dass sie danach ein TV-Praktikum anstrebt, um ihre Comedy-Qualitäten auszutesten, ist kein Witz: "Es gibt zwar noch einige andere Lustige in unserem Team, aber ich habe die Rolle des Spaßvogels eigentlich schon immer ganz gerne übernommen".

Ob es in Athen auch auf dem Kunstrasen viel zu lachen gibt, bleibe abzuwarten. „Wenn ich an unser Team denke, fände ich es toll, wenn wir die Großen in unserer Gruppe - also Australien, die Niederlande und Südkorea - etwas ärgern könnten. Und wenn uns am Anfang gleich ein Punktgewinn gelänge, könnte man darauf super aufbauen", sagt die viersprachige Mittelfeldspielerin mit einer spanischen Mutter. Nachdem es persönlich in den letzten der bislang 76 Länderspiele (8 Tore) nicht rund gelaufen sei, wünscht sie sich, "dass ich meine Form bis zum Turnierstart noch steigern und an meine EM-Form anknüpfen kann". Wenn Zeit und Bundestrainer es erlauben, würde sie in Athen ("Olympia ist ein Traum") gerne bei der Leichtathletik, beim Schwimmen und Handball vorbeischauen.

"So fit war ich noch nie"

Im Gegensatz zur kleinen und trickreichen Silke Müller hat Denise Klecker trotz des dritten Platzes weniger gute Erinnerungen an die EM in Barcelona. Der Bundestrainer sparte nicht mit Kritik und sortierte die mit 175 Länderspielen erfahrene Abwehrstütze und Strafeckenspezialistin (39 Tore) schließlich sogar vor dem Olympia-Qualifikationsturnier in Neuseeland im März aus. Daran, mit 32 Jahren und einer olympischen Erfahrung in Sydney darob die Brocken hinzuwerfen, habe sie nie gedacht: "Das ist mir ja nicht zum ersten Mal passiert, und daher hat mein Selbstbewusstsein auch nicht gelitten. Für mich war wichtig, dass ich vor mir selbst sagen konnte, alles dafür getan zu haben", sagt die gebürtige Mainzerin. Daher habe sie sich kurzerhand für die drei Neuseeland-Wochen ein eigenes Trainingsprogramm zusammengestellt "und hart an mir gearbeitet". Die verbesserte Athletik blieb auch dem Bundestrainer nicht verborgen. "So fit wie momentan war ich noch nie", so Klecker, die als „Oldie" im DHB-Team aus der Mitte wieder auf die rechte Abwehrseite gerückt ist.

Obwohl Olympia "mit Leuten aus allen Ländern und fast allen Sportarten das Größte ist", hat Sydney Spuren hinterlassen. "Die Vorfreude ist anders als vor vier Jahren, weil man einfach weiß, wie es ist und was abgeht. Aber wenn die Hymne erstmals erklingt, wird es bestimmt wieder ein toller Moment sein. Und zur Abschlussfeier will ich auf alle Fälle wieder; das war in Sydney so toll", sagt Klecker, die bei der „Wirtschaftsinitiative Rhein-Main" als Assistentin der Geschäftsführung arbeitet.

Ansonsten wolle sie einfach wieder das "olympische Flair genießen und Leuten zuschauen, die ich kenne. Etwa beim Schwimmen oder Frauenfußball". Und die sportlichen Ziele? "Wir haben eigentlich nix zu verlieren. Für das deutsche Hockey wäre es wichtig, wenn wir mindestens Sechster würden und uns für die Champions Trophy qualifizieren würden. Bronze wäre natürlich super", so Klecker wohl wissend, dass sie dies zum Ende ihrer internationalen Laufbahn den Olymp im wahrsten Sinne des Wortes erklimmen ließe.

Verabschiedung nach Olympia durch die Damenmannschaft des RRK und zwei "Offizielle", Hockey-Abteilungsleiter Martin Müller, Maren Pfefferkorn, Lena Schüder, Silke Müller, Barbara Vogel, Mandy Haase, Lydia Haase, Irene Balek, Denise Klecker, Nina Günther, "RRK-Präsident" Prof. Dr. Dietmar Klausen und Sybille Breivogel


Aus "Main-Spitze" vom 05.08.2004:

"Mit großem Stolz erfüllt"

Die RRK-"Familie" verabschiedete ihre drei Olympia-Starterinnen

tgo. - Er wäre selbst gerne dabei, gestand der Präsident. "Aber so Alte nehmen die wohl nicht mehr", scherzte Dietmar Klausen, und blickte stolz auf die drei Olympiafahrerinnen Mandy Haase, Denise Klecker und Silke Müller. Am 10. August wird das Hockey-Trio des Rüsselsheimer RK mit der Nationalmannschaft nach Athen fliegen, wo am 14. die erste Begegnung des olympischen Turniers gegen Australien ansteht. Am Dienstagabend wurden sie von der Vereinsführung, Mitspielerinnen, Freunden, Familien und Mitgliedern offiziell bei einem gemütlichen Beisammensein verabschiedet.

"So was habe man nicht alle Jahre", betonte Klausen. Eben nur alle vier. Zu allen Olympischen Spielen durfte der RRK in der jüngsten Vergangenheit ununterbrochen Athleten entsenden. Seit 1984 werden den Teilnehmern zuvor sogar noch traditionell im "Bootshaus" Glückwünsche und Präsente mit auf den Weg gegeben. "Mit großem Stolz" sei man auch diesmal erfüllt: "Drei Sportlerinnen schickt in Südhessen kaum ein Verein, dazu noch ein so kleiner", erinnerte Klausen. Mitfiebern und Daumen drücken heißt es in den nächsten Wochen für die RRK-Familie, die sich mit ihren Schützlingen auf das "herausragende Ereignis in einem Sportlerleben", so Abteilungsleiter Martin Müller, freut.

Neben einem erfolgreichen Turnierverlauf für die Debütantinnen Haase und Müller sowie die Sydney erprobte Klecker wurde auch eine gesunde Rückkehr "mit möglichst allen Zähnen" (Klausen) gewünscht. "Wir werden bei euch sein. Ich hoffe, ihr spürt das", sagte Klausen. Wer mal traurig sei oder Heimweh habe, solle einfach an den RRK denken. "Ihr werdet Deutschland vertreten, und im Stillen auch den RRK repräsentieren", befand Müller, der zwar nicht spekulieren wolle, aber glaubt: Bange müsse dem deutschen Team trotz der starken Konkurrenz nicht sein. "Insgesamt wird es wohl gelingen." Entscheidend sei sicherlich, wie man ins Turnier reinkomme. Und im Endeffekt müsse jeder persönlich das Beste für sich erreichen, fügte er an.


Hockeytraining ohne Schläger

Bis zum Abflug nach Athen halten sich die Rüsselsheimerinnen Denise Klecker, Silke Müller und Mandy Haase mit Sprints und Sprüngen "knackig und geschmeidig"

Von ANNETTE SEITZ (aus "Frankfurter Rundschau")

Jenseits der Mittellinie, in jener Hälfte des Kunstrasenplatzes im Stadion am Sommerdamm, in der die Männer des Bundesligisten Rüsselsheimer RK (RRK) trainieren, ist es zu hören, das charakteristische Geräusch, das Hockeyspieler bei ihrer Arbeit machen. Wenn mit Schlägern Bälle gedroschen werden, wird es laut. Diesseits der Linie herrscht indes Stille. Dort, wo an diesem lauen Sommerabend Denise Klecker und Silke Müller locker ihre Runden drehen und einige ihrer Rüsselsheimer Mannschaftskolleginnen an ihrer Seite den geschmeidigen Trab demonstrieren, ist der Schläger tabu. Kein Krummstock, nirgends.

Für die beiden Nationalspielerinnen, die am kommenden Dienstag gemeinsam mit Mandy Haase vom RRK in den Flieger zu den Olympischen Spielen nach Athen steigen werden, herrscht absolutes Schlägerverbot. Zehn Tage lang, jene Zeit, die zwischen dem letzten Vorbereitungsspiel auf deutschem Boden und der ersten Einheit auf griechischem liegt, steht der Krummstock in der Ecke. "Das ist aber nicht schlimm", findet Silke Müller. "Wir waren so oft unterwegs und sind mittlerweile ein bisschen satt. Die Pause", so die Olympia-Debütantin, "kommt genau richtig."

Bundestrainer Markus Weise hat seinem 16-köpfigen Kader die Abstinenz verordnet, die die Lust aufs Hockey erhalten soll. Freilich nicht ohne den Nationalspielerinnen ein Fitnessprogramm mit auf den Weg zu geben. Man möge seine Anweisungen doch bitte umsetzen, so der Wunsch des Coaches. Ob allein oder im Vereinsteam, ist Weise letztlich egal. Mandy Haase, die, wie Müller, zum ersten Mal für Olympische Spiele nominiert wurde, dreht ihre Runden lieber alleine. Müller und Klecker bevorzugen dagegen die vertraute Clique - die im Übrigen nicht weniger fit ist als die Kolleginnen, die für olympische Aufgaben ausgewählt wurden. Eine Pause hatte der RRK, deutscher Feldhockey-Meister, nach Saisonende nämlich nur fürs Feiern eingelegt. Weshalb Denise Klecker und Silke Müller auch in das Mannschaftstraining einsteigen können, bei dem im Moment genau das gemacht wird, was Weise verlangt: Sprints, Sprünge, Schnelligkeit. "Wir sollen knackig und geschmeidig bleiben", sagt Müller.

Für Denise Klecker werden es definitiv die letzten Olympischen Spiele sein, sie wird ihre internationale Karriere nach Athen beenden. Ein mulmiges Gefühl sei das schon, sagt die 174-fache Nationalspielerin: "Aber ich versuche, nicht daran zu denken, denn eigentlich finde ich es schrecklich, wenn es vorbei ist." Für ihre zweiten Olympischen Spiele nach Sydney 2000 hat sich die Rüsselsheimerin vorgenommen, "dass wir uns für die Champions Trophy qualifizieren". Das Ticket für die inoffizielle Weltmeisterschaft der sechs weltbesten Teams wäre mit dem Erreichen des sechsten Platzes gelöst. Wenn es zu mehr langen sollte, hat auch Klecker nichts dagegen. Aber die 32 Jahre alte Abwehrspielerin bleibt realistisch: "Entscheidend wird die Tagesform sein. Es kann aber auch sein, dass wir supergut spielen und trotzdem nur auf den siebten Platz kommen."

Das Wort Halbfinale nimmt Klecker erst gar nicht in den Mund. Zu vermessen scheint die Vorstellung, dass das deutsche Team, in dessen Gruppe der zweifache Olympiasieger Australien und Europameister Niederlande als Topfavoriten gelten und zudem noch Südkorea ein starker Gegner ist, auf einen der ersten beiden Gruppenplätze vorstoßen könnte. Auch wenn die Lücke zur Weltspitze im vergangenen Jahr kleiner geworden ist, scheint sie doch noch zu groß für eine Überraschung.

Aber aufgeholt haben sie - auch wegen der intensiven Vorbereitung von Markus Weise, der den Schwerpunkt auf die Athletik gelegt hat, eine Voraussetzung, um international mitzuhalten. "Für mich war das bislang die beste Vorbereitung mit der Nationalmannschaft", sagt Silke Müller, die im Sturm bisher 75 Länderspiele absolviert hat. Vor allem die Testpartien gegen starke Gegner wie China oder die Niederlande hätten das Team weitergebracht, meint Klecker: "Wenn man an die Weltspitze will, muss man gegen Weltklasse-Teams spielen, um zu wissen, was noch fehlt." Dabei hat sich die deutsche Mannschaft wacker geschlagen und durchaus ansprechende Ergebnisse, wie etwa ein Unentschieden gegen die Niederlande, erzielt. "Wir haben uns weiterentwickelt", bestätigt Denise Klecker, die schon wieder weiter muss, um nach einigen Sprüngen und kurzen Sprints so leichtfüßig wie möglich über die Sprossen einer auf dem Boden liegenden Leiter zu hüpfen. Und das tut sie beinahe lautlos.


Eröffnungsfeier Athen 13.08.2004

Die Rüsselsheimerin hilft ihrem Team ins Endspiel

Starke Nerven, starker Schuss:

Denise Kleckers finaler Siebenmeter

Von Peter Penders (aus "FAZ" vom 26.08.2004)

Das Beste soll man sich bekanntlich für den Schluß aufheben - und das größte Erlebnis ihrer Hockeykarriere hat sich Denise Klecker für das 180. Länderspiel ihrer Laufbahn aufgehoben. Mit ihren Rüsselsheimer Vereinskolleginnen Silke Müller und Mandy Haase steht die 32 Jahre alte Abwehrspielerin an diesem Donnerstag im olympischen Endspiel der Hockeydamen gegen die Niederlande. "Einen besseren Abschluß kann es gar nicht geben", sagte sie nach dem Halbfinalsieg über China im Siebenmeterschießen und schien ihr Glück gar nicht fassen zu können. Dabei war sie wesentlich am Einzug ins Finale beteiligt. Als beim Siebenmeterschießen nervenstarke Spielerinnen gefragt waren, stand die Rüsselsheimerin sofort bereit. "Ich weiß ja, daß ich Siebenmeter schießen kann", erklärte sie.

Bundestrainer Markus Weise hatte seinen Spielerinnen schon am Vortag für den Fall der Fälle einen Rat gegeben. "Sucht euch eine Ecke aus, und haut die Kugel so fest dorthin, wie ihr könnt." Das war im Fall der Rüsselsheimerin eine ganze Menge, denn zum einen schlug die Hockeykugel genau in den Torwinkel ein, zum anderen steckte sie danach zwischen Tornetz und Gestänge fest. "Siebenmeterschießen", sagt die Rüsselsheimerin, "ist keine Glückssache, auch wenn das viele immer behaupten. Das kann man trainieren." Am Trainingseifer hat es ihr nie gefehlt, damit hat sie manches ausgeglichen, was andere ihr an Talent voraushaben. Doch ihre Nationalmannschaftskarriere war trotzdem immer ein Auf und Ab, häufig stand sie auf der Kippe und manchmal in der Kritik, wenn sie als Eckenschützin nicht so erfolgreich wie gewünscht agierte. Den letzten großen Erfolg der deutschen Damen, den zweiten Platz bei der Europameisterschaft in Köln 1999, mußte sie so als Ergänzungsspielerin ohne jeden Einsatz verfolgen. Aus Sydney kehrte sie mit der Enttäuschung des siebten Platzes zurück, obwohl nur ein Spiel verlorengegangen war. Die Entscheidung des Präsidiums des Deutschen Hockey-Bundes, ihren Rüsselsheimer Vereinstrainer Berti Rauth abzusetzen, hat sie immer als falsch empfunden. "Die Zeit unter Peter Lemmen war verlorene Zeit", sagt sie. Erst mit Weise, der die Nationalmannschaft im vergangenen Jahr kurz vor der EM übernahm, sei es wieder aufwärtsgegangen.

Für sie allerdings zunächst nicht. Noch während der EM war sie ihren Job als deutsche Abwehrchefin los, und zum Qualifikationsturnier Anfang des Jahres in Neuseeland nahm Weise die Rüsselsheimerin gar nicht erst mit. "Ich komme wieder", sagte Denise Klecker damals trotzig und wurde kurz danach trotz dieser Enttäuschung zur besten Spielerin des Turniers beim Hallen-Europapokalsieg des Rüsselsheimer RK gewählt. Sie kam tatsächlich zurück, weil sie im Training nicht nachließ, sondern, angetrieben vom Wunsch, es noch einmal zu den Olympischen Spielen zu schaffen, alles dem Sport unterordnete. Dafür wird sie zum Abschluß nun mit mehr belohnt, als sie erwartet hätte: Mit Gold oder Silber in Athen konnte schließlich niemand rechnen.


Aus "Main-Spitze" vom 27.08.2004:

Hockey-Damen schaffen Sensation

Goldmedaille nach 2:1-Sieg über Niederlande

ATHEN (dpa) Nach Silber 1984 und 1992 endlich Gold: Die Hockey-Damen haben für die deutsche Olympia-Mannschaft am Donnerstag in Athen mit einem 2:1 im Endspiel gegen die Niederlande die ersehnte zehnte Goldmedaille geholt. Anke Kühn und Franziska Gude bescherten dem Hockey-Team mit ihren Toren einen historischen Triumph. Zur Siegermannschaft gehören Mandy Haase, Silke Müller und Denise Klecker (alle Rüsselsheimer RK).


In Nacht vor dem Finale Goldmedaille gesehen

Rüsselsheimer Prognosespezialistin Denise Klecker erlebt persönlich und sportlich das Jahr ihres Lebens

ATHEN Auch am Ende des unfassbarsten Tages ihres Lebens war Denise Klecker nicht kaputt zu kriegen. Am Freitagmorgen um 6.30 Uhr, die Sonne war in Athen längst wieder aufgegangen und viele der deutschen Hockey-Olympiasiegerinnen inzwischen in den Schlaf gesunken, hockte sie sich an den Computer und hackte in die Tasten, was das Zeug hielt.  

Von Uli Meyer (aus "Main-Spitze" vom 28.08.2004)

Einem ausgewählten Freundeskreis in der Heimat musste Klecker per E-Mail-Rundschreiben einfach brandheiß mitteilen, wie die rauschende Siegesnacht im "Deutschen Haus" verlief und wie es ist, eine Goldmedaille um den Hals und den Lorbeerkranz des Siegers auf dem Kopf zu spüren. Der Versuch, diese Gefühle in Worte zu fassen ("Waaaahnsinn!") und das Geschehene richtig einzuordnen, geschweige denn zu begreifen, war für Denise Klecker ebenso anstrengend wie die Tage zuvor. Eine rasante Achterbahnfahrt. Die deutschen Hockeydamen standen nach drei Spielen des olympischen Hockeyturniers am Abgrund. Nach dem überzeugenden Start (2:1 gegen Titelverteidiger Australien) zwei Niederlagen, es drohte gar das Spiel um den letzten Platz. "Mir fehlen die Worte", hatte es selbst der sonst so schreibwütigen Rüsselsheimerin nach dem 0:3 gegen Südafrika die Sprache verschlagen. Dann die wundersame Wandlung der als "Wundertüte" bezeichneten Truppe: erst das 3:2 über die höher eingeschätzten Koreanerinnen, dem dank holländischer Schützenhilfe der Halbfinaleinzug folgte. Dort der hart erkämpfte Erfolg im Siebenmeterschießen über die gleichsam favorisierten Chinesinnen. Plötzlich standen die als krasser Außenseiter nach Athen gefahrenen deutschen Hockeydamen im Endspiel.

Bundestrainer Markus Weise und Denise Klecker

"Vielleicht liegt es an der Rüsselsheimer Natur, dass wir uns nicht mit zweiten Plätzen zufrieden geben wollen, denn nur gewinnen ist toll. Schon ab Platz zwei fängt die Schar der Verlierer an", weiß Denise Klecker nach unzähligen Titelgewinnen mit dem RRK. Daher berauschte sie sich nicht lange am Glücksgefühl über die sichere Silbermedaille. Doch um Europameister Niederlande zu schlagen, der das deutsche Team im EM-Halbfinale 2003 mit 5:1 Toren ebenso klar weggebügelt hatte wie im ersten Athener Duell in der Vorrunde (4:1), bedurfte es einer sportlichen Sensation. In solchen Situationen vertraut Denise Klecker gerne ihrer Eingebung. Nicht umsonst trägt sie beim Ruder-Klub den Spitznamen "www.prognose.de", da die 32-Jährige das Kommende meist richtig vorherzusagen weiß. "Ich bin in der Nacht vor dem Finale aufgewacht, habe innerlich die Goldmedaille gesehen und die Nationalhymne gesungen", erinnert sie sich und ging deshalb mit gesteigerter Siegeszuversicht in den großen Tag. "Heute ist mal wieder ein Titel dran", sagte Klecker noch zu Vereinskameradin Mandy Haase, mit der sie in diesem Jahr alle erreichbaren Championate (Hallen-DM, Hallen-Europacup und Feld-DM mit den RRK-Damen) eingesackt hatte.

Doch die Stunden bis zum um 20.30 Uhr Ortszeit angesetzten Finale vergingen zäh. "Ich war total aufgeregt, vor allem im Bus während der Fahrt vom olympischen Dorf ins Stadion", gesteht sie. Vielleicht wurde Denise Klecker in dieser Stunde auch noch einmal richtig klar, dass sie an diesem Abend das letzte Mal das Nationaltrikot überstreifen würde. Ihr Karriereende in der Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes hatte die Teamälteste schon lange angekündigt, "egal wie das hier ausgeht." Dass die Nervosität wegen des Aspektes "letztes Spiel" fast größer gewesen sei als wegen der Tatsache, dass es um olympisches Gold vor einem Millionenpublikum am Fernseher ging, registrierte Klecker ganz für sich alleine.

Bekanntlich ist es so gekommen, wie die Prognose-Spezialistin es geahnt hatte. Mit einem starken Auftakt und zwei frühen Toren hatte die deutsche Auswahl den hohen Favoriten geschockt und danach in einer Abwehrschlacht, zu der auch Denise Klecker mit starken Leistungen beitrug, ein 2:1 über die Zeit gerettet. Die Sensation war perfekt. "Die überraschendste deutsche Goldmedaille überhaupt", sagte NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach als Tribünengast unter den 7.000 Zuschauern ebenso staunend wie begeistert.

"Einen schöneren Abschied hätte mir niemand bescheren können", wird Denise Klecker ihr 181. Länderspiel bestimmt niemals vergessen. "Wir haben an uns geglaubt. Obwohl wir gar nicht unbedingt die tollsten Freundinnen außerhalb des Platzes sind, haben alle 16 auf dem Spielfeld und auch schon in der Olympiavorbereitung viel mehr an einem Strang gezogen, als das in Sydney 2000 der Fall war", sieht Klecker die Unterschiede zu ihrer ersten Olympia-Teilnahme vor vier Jahren, die mit Platz sieben ein ernüchterndes Erlebnis war.

Nach der Siegerehrung im Stadion war nur noch feiern angesagt. Gemeinsam mit den Fans ging es ins Deutsche Haus. Herzliche Umarmungen gab es dort auch mit den zehn Leuten vom RRK (angeführt von den Mitspielerinnen Nina Günther und Lena Schüder), die sich nach gewonnenem Halbfinale spontan auf die Reise nach Athen gemacht hatten. "Ich freue mich schon riesig auf den Empfang am Montag, wenn die RRK-Mädels im Bikini und mein Freund mit Trompete am Flughafen stehen wollen", sagt Klecker, die mit dem Team um 16.10 Uhr in Frankfurt landen soll.

Für die Goldmedaille wird es 15.000 Euro Erfolgsprämie von der Stiftung Deutsche Sporthilfe geben. "Das Geld wird in ein neues Auto investiert", weiß sie schon jetzt. Mit dem acht Jahre alten Corsa waren die Fahrten vom Main an den Bodensee kein besonders sicheres Unternehmen. 340 Kilometer einfache Wegstrecke entfernt wohnt Kleckers Fernbeziehung ("der Mann meines Lebens"). Sie hat ihn dieses Jahr kennengelernt. "Persönlich und sportlich war es das Jahr meines Lebens", sagt Denise Klecker.


Gold geträumt und Gold geholt

Eltern von Olympiasiegerin Denise Klecker zitterten am Fernseher mit

Hockey-Mainz schwebt auf Wolke sieben. Seit sich Denise Klecker am späten Donnerstagabend mit der Nationalmannschaft durch ein 2:1 über die Niederlande olympisches Gold geschnappt hat, bimmelt das Telefon in ihrem Mombacher Elternhaus an der Hasenquelle praktisch pausenlos - während Denise in Athen ihre Freude auch per E-Mail verbreitet.

Von Michael Heinze und Ulf Mayer

"Gleich nach dem Spiel hat sich Denise bei uns gemeldet", erzählte Vater Peter Klecker voller Stolz. "Sie ruft uns immer erst an, damit wir zurückrufen können." Ein konstruktiver Dialog kam indes nicht wirklich zustande. "Es war mehr Geschrei, Jubel, Glück", so der 59-Jährige, der das Finale gemeinsam mit Ehefrau Brigitte (55) vor dem Fernseher verfolgt hatte: "Wir waren am Ende nass geschwitzt." Dass Denise & Co. nicht noch mal wie im Gruppenspiel 1:4 unter die Räder kommen würden, war den Kleckers sonnenklar gewesen.

Zur Feier des Tages köpfte Peter Klecker, der als Jugendcoach die D-Mädchen von Denise Kleckers Heimatverein TSV Schott betreut, eine Flasche Sekt. Für seine Tochter ("Unser ganzes Leben hat sich nach ihrem Hockey gerichtet") war der Olympia-Sieg Höhepunkt und Abschluss der internationalen Karriere. "Wir haben am Freitagmorgen noch zweimal mit ihr telefoniert. Denise hat gesagt, dass sie mit der ganzen Mannschaft im Deutschen Haus gefeiert und die ganze Nacht nicht geschlafen hat. Jetzt sitzt sie im Internet-Café und schreibt E-Mails, dann legt sie sich erst mal hin", sagte Peter Klecker.

Am Montag um 16.10 Uhr landen die Heldinnen am Frankfurter Flughafen. Auf Denise Klecker wird einiges zukommen: Ein Empfang bei Oberbürgermeister Jens Beutel und Sportdezernent Norbert Schüler ist geplant, bei Mombachs Ortsvorsteherin Dr. Eleonore Lossen-Geißler und beim TSV Schott sowieso. Schließlich ist die gebürtige Mainzerin, die jetzt in Rüsselsheim wohnt und für den dortigen RRK spielt, in Mombach aufgewachsen und hat bei Schott Hockeyspielen gelernt.

"In der Nacht vor dem Finale bin ich aufgewacht, habe innerlich die Goldmedaille gesehen und die Nationalhymne gesungen", verriet Denise Klecker. Doch die Stunden bis zum um 20.30 Uhr Ortszeit angesetzten Finale vergingen zäh. "Ich war total aufgeregt, vor allem während der Fahrt vom olympischen Dorf ins Stadion", gestand sie. Doch es kam so, wie es die Sportlerin mit dem Spitznamen "www.prognose.de" geahnt hatte. "Einen schöneren Abschied hätte mir niemand bescheren können", wird Denise Klecker ihr 181. Länderspiel niemals vergessen. "Ich freue mich schon riesig auf den Empfang am Montag, wenn die RRK-Mädels im Bikini und mein Freund mit Trompete am Flughafen stehen wollen." Die 15.000 Euro Erfolgsprämie von der Deutschen Sporthilfe investiert Denise Klecker in ein neues Auto, da ihr alter Corsa in die Jahre gekommen ist.

"Die Goldmedaille ist grandios", kommentierte Schott-Abteilungsleiter Wolfgang Breidenstein. "Das Nationalteam war ja die Woche vor Olympia bei uns im Trainingslager, da habe ich noch so im Scherz gesagt: Wenn Denise mit einer Medaille nach Hause kommt, sind wir am Durchdrehen." Vom Erfolg der 32-Jährigen erhofft sich Breidenstein einen Schub fürs Mainzer Mädchenhockey: "Wir werden das weidlich ausnutzen."


Mandy Haase, Denise Klecker und Silke Müller über den unverhofften Olympiasieg im Hockey

"Wir fliegen mit Gold heim, wie sollen wir das glauben?"

Die Fragen stellte Peter Penders (aus "FAZ" vom 28.08.2004)

Die Vorrunde wollten sie überstehen, der Olympiasieg ist es geworden: Mandy Haase, Denise Klecker und Silke Müller vom Rüsselsheimer RK haben in Athen den sportlichen Höhepunkt ihrer Hockeykarriere erlebt - und aus verständlichen Gründen die Nacht zum Tag gemacht.

Es waren noch zehn Sekunden zu spielen, als Caroline Casaretto den letzten Paß der Niederländerinnen abfing. Was war das für ein Gefühl, Sekunden vor dem Olymp?

Silke Müller: Ich war in den letzten drei Minuten draußen auf der Bank, und ich habe so gezittert. Ich hab' nur noch gedacht, wann darf ich endlich auf das Feld springen. Als Caro den Ball hatte, war es ja entschieden, aber plötzlich war da nur Leere.

Mandy Haase: Ich konnte es kaum glauben, ich habe vorher immer mal kurz auf die Anzeigentafel geschaut. Ich hatte immer noch Angst, daß etwas passiert, denn wir sind ja Spezialist für späte Gegentore. Und dann konnte ich es gar nicht realisieren, daß es wirklich vorbei ist.

Denise Klecker: Ich habe ja die letzten zehn Minuten nicht mehr gespielt, und da draußen auf der Bank war es schrecklich. Da wirst du verrückt. Aber als Caro den Ball hatte, das war ein sensationelles Gefühl, das kann ich gar nicht beschreiben.

Können Sie jetzt schon glauben, daß Sie als Olympiasieger heimfliegen?

Silke Müller: Ich fand es ja schon absolut irre, überhaupt an Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen. Aber Gold? Das kommt mir wie eine Geschichte vor, die mir jemand erzählt, und ich glaube sie ihm nicht.

Mandy Haase: Jetzt noch nicht, und nächste Woche bestimmt auch noch nicht. Ich glaube, wenn in 20 Jahren ein Rückblick im Fernsehen läuft und ich dann meinen Kindern die Goldmedaille zeige, dann ist es eine andere Sache. Aber jetzt? Wir wollten in unserer Hammergruppe irgendwie die Vorrunde überstehen und uns möglichst für die Champions Trophy qualifizieren. Und jetzt fliegen wir mit Gold heim, wie soll ich das glauben?

Denise Klecker: Nein, überhaupt nicht, vor allem nicht bei meiner Vorgeschichte. Ich bin ja nicht für die Olympiaqualifikation nominiert worden, aber ich habe immer fest daran geglaubt, daß ich es wieder ins Team zurückschaffe. Ich wollte unbedingt nach Athen. Überhaupt war das mein Jahr. Wir sind mit Rüsselsheim deutscher Meister in Halle und Feld geworden, haben den Hallen-Europacup gewonnen, ich habe jetzt eine Goldmedaille umhängen, mit der ich nie im Leben gerechnet habe. Und dann habe ich in diesem Jahr auch noch den Mann meines Lebens kennengelernt - mehr geht einfach nicht an Glück.

War es nach der großen Freude über die sicher feststehende Silbermedaille schwer, die richtige Motivation für das Endspiel zu finden?

Silke Müller: Wir haben ja immer nur etappenweise gedacht. Als wir im Halbfinale waren, haben wir uns gesagt, es ist noch nichts passiert. Dann haben wir uns irre gefreut, daß wir Silber schon sicher haben, das war ja schon Wahnsinn. Aber wir haben auch sofort gesagt, wir hängen den „Hollies" das Gold nicht einfach so freiwillig um den Hals.

Mandy Haase: Natürlich haben wir uns wie verrückt über Silber gefreut, und ich hatte schon Bedenken, daß wir damit zu sehr zufrieden sind. Aber wir hatten uns fest versprochen, daß wir uns alle zusammenreißen und alles geben.

Denise Klecker: Nein, für mich sowieso nicht. So eine Chance bekommt man ja vielleicht sowieso nur einmal im Leben, und bei mir war es ja ohnehin klar. Das ist mein letztes Spiel. Und daß es das olympische Finale war, ist ein großes Geschenk.

Was war entscheidend für den Sieg?

Silke Müller: Ich glaube, das schnelle 2:0 hat denen schon das Genick gebrochen. Da sind sie supernervös geworden, das kannten sie ja hier gar nicht, in Rückstand zu geraten. Ich habe danach bei jeder guten Aktion von uns laut geschrieen, jeden angefeuert. Das kann dich als Gegner mental schön runterziehen. Wenn die sich bei einer 2:0-Führung so angefeuert hätten, wäre mir nur ein Gedanke gekommen: Wie geil sind die denn drauf!

Mandy Haase: Unsere Einstellung auf dem Platz. Es war so irre, da raus auf den Platz zu können, die vielen Fans, die so geschrieen haben. Da mußtest du einfach laufen und laufen.

Denise Klecker: Ich glaube, die haben selbst nach dem 1:0 gedacht, daß schon nix passieren wird. Und dann sind sie immer aufgeregter geworden. Die konnten sich einfach nicht vorstellen, daß sie gegen uns verlieren können.

Was nehmen Sie sonst noch mit von den Olympischen Spielen?

Silke Müller: Das war ein irres Erlebnis, wie ich es noch nie hatte. Jede wollte alles, jede ist an und über ihre Grenze gegangen, und ich hätte mir nie vorstellen können, wie so eine Grenzerfahrung ist, wenn du nur noch den Tunnelblick hast. Jetzt bin ich total kaputt. Und total glücklich.

Denise Klecker: Die totale Befriedigung, daß man für alles belohnt worden ist. Du nimmst so viele Entbehrungen in Kauf, da ist es einfach irre, was jetzt passiert ist.

Mandy Haase: Dankbarkeit, so etwas erlebt zu haben. Es war schade, daß meine Familie nicht kommen konnte, aber so viele Flugtickets haben sie nicht bekommen. Und entweder kommen alle, haben sie gesagt, oder wir machen zu Hause in Heidelberg eine Party. Ohne meine Eltern wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich glaube, die hatten auch einen schönen Abend.


"Das ist irre, einfach unbeschreiblich"

Ob der Erfolg nun Zulauf von Jugendlichen bringt, bleibt abzuwarten

Von Jörg Monzheimer (aus "Darmstädter Echo" vom 01.09.2004)

So richtig konnten sie es auch am Montagabend noch nicht fassen. "Bei mir hat es 48 Stunden gedauert, bis ich es begriffen habe. Bei Mandy dauert es wahrscheinlich bis Peking 2008", zeigte sich Hockey-Nationalspielerin Denise Klecker bei der lautstarken Fete im Bootshaus des Rüsselsheimer Ruder-Klubs bestens aufgelegt.

Kein Wunder, denn gemeinsam mit ihren Vereinskolleginnen Mandy Haase und Silke Müller hat sie geschafft, was niemand für möglich gehalten hätte: den Olympiasieg im Feldhockey. Für Denise Klecker war es ein Abschluss ihrer internationalen Karriere, wie er schöner nicht hätte sein können. "Das ist irre, einfach unbeschreiblich", jubelte die Abwehrspielerin.

Nach der Nichtberücksichtigung für das Olympia-Qualifikationsturnier in Neuseeland hatte ihr Rüsselsheims Hockey-Legende Fritz Schmidt beim Hallen-Europacup geraten, weiter hart zu trainieren und sich überzeugt gezeigt, dass sie es noch ins Team schaffen könne.

"Für sie hat es mich am meisten gefreut", so Schmidt, der 1972 wie Peter Kraus und Rainer Seifert zu dem Team zählte, das gegen Pakistan überraschend Gold gewann. "Auch wir haben damals zwei schlechte Spiele gemacht und es dennoch gepackt", erinnerte er sich.

1992 stand dann Torhüter Christopher Reitz in der Mannschaft, die in Barcelona den Olympia-Sieg errang, nun feierte der RRK die Olympiasieger fünf bis sieben. Entscheidend für den unerwarteten Erfolg sei die mannschaftliche Geschlossenheit gewesen, erklärten alle drei Goldfrauen.

Hochstimmung: Der Rüsselsheimer Ruder-Klub feierte die Hockey-Olympiasiegerinnen, von links Silke Müller, Denise Klecker und Mandy Haase.

"Der Team-Spirit war riesig", so Denise Klecker, die auf Bronze gehofft hatte. Gar nichts ausgerechnet hatte sich Mandy Haase, die im Jahr 25.000 Kilometer zum Training nach Rüsselsheim fährt. "Ich stapele immer eher tief. Bei der Gruppe war es allerdings nicht sehr realistisch, überhaupt ins Halbfinale zu kommen." Nach dem 0:3 gegen Südafrika schien alles gelaufen, die Stimmung dementsprechend weit unten. "Wie wir uns da rausgepuscht haben, ist erstaunlich."

Für die letzten Partien musste sie gespritzt werden, weil sie beim Aussteigen aus dem Bus umgeknickt war und Verdacht auf Bänderriss bestand. "Es war riskant zu spielen. Aber Olympia ist eine einmalige Chance. Ich hätte es bestimmt bereut, wenn ich es nicht gemacht hätte." Ab Donnerstag will die Heidelbergerin nun mit ihrem Freund in ihrer Geburtsstadt Leipzig ausspannen.

Die Frage nach den beiden schwächeren Spielen schob Silke Müller selbstbewusst bei Seite. "Wir haben auch vier Mal richtig gut gespielt." Der Halbfinaleinzug mit sechs Punkten aus vier Spielen sei glücklich gewesen, doch habe sich schon nach dem 3:2-Auftaktsieg gegen Australien Eigendynamik entwickelt.

"Wir haben nur von Spiel zu Spiel gedacht, wollten es nach dem 0:3 gegen Südafrika allen zeigen. Und vor dem Finale habe ich gesagt, dass ich den Holländern Gold nicht freiwillig umhänge. Das hätten sie sich schon holen müssen."

Mandy Haase erhofft sich vom Olympiasieg einen Schub für den Nachwuchs. "Der hat gesehen, dass immer etwas drin ist." Ähnlich äußerte sich Vereinstrainer Berti Rauth, der die Rüsselsheimer Frauen zu 14 deutschen Meisterschaften und 16 Europapokal-Erfolgen geführt hat: "Das ist eine Riesenmotivation. Die Mädchen müssen jetzt infiziert sein, das auch wollen."

Bei aller Freude betrachtet Abteilungsleiter Martin Müller die Sache ein wenig nüchterner: "Es ist noch zu früh, etwas zu vermuten. Für die nationale und internationale Schiene, für das Interesse in den Medien ist das sicher gut. Ob es sich regional auswirkt und wir Zulauf von Jugendlichen bekommen, bleibt abzuwarten. In den vergangenen Jahren war der Trend im Frauenbereich leider ein anderer."


Stolz präsentieren Silke Müller, Denise Klecker und Mandy Haase bei der Ankunft aus Athen auf dem Frankfurter Flughafen ihre Goldmedaillen.

Aus "Main-Spitze" vom 01.09.2004:

Das Geständnis: "Der RRK liebt Euch"

Rauschendes Fest für die drei Goldmedaillengewinnerinnen von Athen / Lob für Verein, Trainer und Sportlerfamilien

gir. Mitten im Getümmel der überschäumenden Willkommensfete, die der RRK am Montagabend mit seinen drei Goldmedaillengewinnerinnen feierte, durften auch Larissa Freibert und Alana Klettenheimer aus der Hockey-Jugend das olympische Gold von Denise Klecker einmal anfassen. Mit Ehrfurcht nahmen sie die Medaille in die Hand. Dabei strahlten ihre Augen immer heller, als würde in diesem Moment etwas von dem Geist an sie weitergereicht, der die Olympiasiegerinnen zu ihrem Erfolg in Athen getragen hatte. "Cool" sei es gewesen, die Medaille anzufassen, sagten die zwei danach der "Main-Spitze". Zumal sie zunächst nicht gedacht hätten, dass ihre Vorbilder das olympische Turnier tatsächlich gewinnen würden.

Auch die Offiziellen des Vereines waren am Montagabend, was das Prozedere betraf, einfach cool. Angesichts der schier nicht enden wollenden Tänze, Gesänge, Umarmungen, Gratulationen und Interviews genossen sie erst einmal das Fest im schwarz-rot-golden geschmückten Saal des Bootshauses und drumherum. Mitten im Trubel gratulierten auch Rainer Seifert und Fritz Schmidt ("Ihr habt alles richtig gemacht!") den Olympiasiegerinnen. Gemeinsam mit Peter Kraus gehörten die beiden früheren Hockeyspieler des RRK zu dem deutschen Team der Männer, das 1972 in München olympisches Gold gewann. Der ehemalige RRK-Spieler Christopher Reitz wurde 1992 in Barcelona Olympiasieger.

Anderthalb Stunden ließen sich Vorstand und Abteilungsleitung Zeit, ehe sie die von TV-Kameras grell beleuchtete und von den DJs heftig beschallte Party unterbrachen, um Silke Müller, Denise Klecker und Mandy Haase offiziell willkommen zu heißen. "Der RRK liebt Euch", brachte der Zweite Vorsitzende, Horst Ackermann, die Gefühlslage des Vereines auf den Punkt und gratulierte zum Olympiasieg mit Blumen. Er entschuldigte den Ersten Vorsitzenden, Prof. Dr. Dietmar Klausen, der wieder einmal "Pech mit der Terminplanung hatte" und sich den historischen Empfang entgehen lassen musste, weil er derzeit in Urlaub ist.

"Einen unglaublichen Erfolg" nannte Hockey-Abteilungsleiter Martin Müller den Olympiasieg. Allerdings habe ihn Denise Klecker bereits vor dem Abflug nach Athen daran erinnert, dass Außenseiter Griechenland bei der Fußball-EM in Portugal eine ähnliche Überraschung gelungen sei. Müller dankte den Eltern der Spielerinnen für ihr Engagement, das ebenso zu diesem Olympiasieg beigetragen habe wie die Arbeit von Berti Rauth, Trainer des überaus erfolgreichen RRK-Teams, zu dem die drei Spielerinnen gehören.

"Wenn mir die Worte fehlen, dann heißt das schon was", freute sich Olympiasiegerin Silke Müller über so viel Zuneigung und Begeisterung. "Ihr habt alle dazu beigetragen, dass wir hier stehen", dankte sie mit olympischem Lorbeer im Haar allen im Verein und ihrer Familie. Denise Klecker, mit einer goldenen Pappkrone auf dem Haupt, ließ die Anwesenden anschließend noch ein lautes "Trullala" zu Ehren des Trainers Berti Rauth anstimmen. Dann ging die rauschende Willkommensparty weiter, bis tief in die Nacht hinein.