Das Interview
führte Martin Krieger (aus "Main-Spitze" vom 7. Februar 2015)
Vieles spricht
dafür, dass die deutsche Hockey-Nationalmannschaft der Männer ihr
WM-Titelabonnement an diesem Sonntag in Leipzig zum dritten Mal verlängert. Vor
zwölf Jahren, als diese Titelkämpfe an gleicher Stelle ihre Premiere erlebten,
gehörten Christian Domke und dessen knapp zwei Jahre älterer Bruder Oliver vom
Rüsselsheimer RK zu den Leistungsträgern im DHB-Team. Während Stürmer Oliver
seit geraumer Zeit den Schläger allenfalls noch zum Spaß in die Hand nimmt, half
der 36-jährige Defensivspezialist Christian mit, dass der RRK in der Zweiten
Bundesliga als Tabellendritter ins Ziel kam.
Herr Domke,
zurzeit findet in Leipzig die vierte Hallenhockey-Weltmeisterschaft statt.
Kommen da automatisch irgendwelche Bilder bei Ihnen hoch?
Ja, klar hat man ab
und an wieder Kopfkino, als ich gehört habe, dass die Hallen-WM wieder in
Leipzig ist, wie es damals war, was man alles da so erlebt hat. Nicht nur das
Event, sondern das Ganze drum herum. Es war ja damals die allererste Hallen-WM,
was für uns schon was Besonderes war.
Sie gehörten bei
der WM-Premiere 2003 gemeinsam mit ihrem älteren Bruder Oliver zum DHB-Kader.
Wie wichtig war es damals für Mannschaft und Betreuerstab, diesen Titel zu
gewinnen?
Da lag schon ein
Fokus drauf, weil es ja eine Heim-WM war. Aber da Deutschland bis dahin noch
kein Hallenspiel verloren hatte, war uns die Favoritenrolle bewusst. Trotzdem
haben wir uns in zwei, drei Kurzlehrgängen mit Polen intensiv darauf
vorbereitet.
Es gab
seinerzeit in der Vorrunde Kantersiege gegen Neuseeland (17:0), Russland (16:0)
oder Kanada (11:4) und im Endspiel wurde Polen 7:1 bezwungen. War es wirklich so
einfach und sind solche Ergebnisse in Sachen Wertschätzung gegenüber der
Sportart nicht kontraproduktiv?
Gewinnen 2003 mit dem deutschen Hockeyteam
den ersten Weltmeistertitel in der Halle: der Berliner Tibor Weißenborn
sowie die Rüsselsheimer Brüder Oliver und Christian Domke |
Wie schon erwähnt
haben wir uns trotz der Favoritenrolle sehr akribisch vorbereitet. Genügte bei
Europameisterschaften oft ein Lehrgang, haben wir für die WM im Vorfeld viel
intensiver gearbeitet. Da direkt vorher noch die EM in Spanien inklusive
Lehrgang stattfand, waren wir damals schon eine sehr eingespielte Truppe.
Zusammen mit dem Erfahrungsvorsprung in der Halle, den man als deutscher Spieler
hat, hat das dann zu diesen hohen Ergebnissen geführt.
Die DHB-Männer
haben Ihren Titel zwar bislang zweimal verteidigen können, aber zuletzt die
Verlängerung gebraucht. Haben die anderen Nationen aufgeholt oder ist das Niveau
hierzulande rückläufig?
Ich glaube, die
anderen Nationen haben aufgeholt. Viele haben sich meines Wissens nach speziell
für die Halle deutsche Trainer geholt, um von deren Hallenexpertise zu
profitieren – etwa Holland oder Tschechien. Dazu spielen einige ausländische
Akteure schon länger in der Bundesliga, alleine drei Österreicher beim Deutschen
Meister Harvestehuder THC. Inwieweit das Hockey5 hier eine Rolle spielt, kann
ich nicht beurteilen. Doch das Mehr an Platz, das man hat, kann Mannschaften,
die ein komplexes System nicht so beherrschen, eher helfen. Mit einem Mann
weniger ist es schon schwieriger, die Räume zu schließen, als mit fünf
Feldspielern.
Sie haben als
Einziger aus dem ersten Weltmeisterschafts-Kader in dieser Saison noch in der
Bundesliga mitgemischt. Wie hat sich das Hallenhockey seither verändert?
Gegen- und
Mitspieler werden immer jünger. Ansonsten bin ich definitiv kein Freund von
Hockey5, was vielleicht auch an den vielen positiven Erfahrungen liegt, die ich
mit dem "normalen" Hockey verbinde. Der Weltverband will immer wieder Neuerungen
umsetzen, um das unterschiedliche Niveau der einzelnen Nationen anzugleichen, so
wie letztes Jahr Hockey5. Das war für Spieler und Zuschauer einfach nur eine
Farce. Positiv hingegen sehe ich die Einführung des Selfpass, den es ja damals
noch nicht gab. Er macht das Spiel noch schneller und attraktiver und
mittlerweile haben sich auch die Fans daran gewöhnt, was am Anfang eher für
Verwunderung gesorgt hat.
Der vierte
Weltmeister wird erstmals in der sogenannten Hockey5-Variante, also mit fünf
statt sechs Spielern ermittelt. Wie bewerten Sie das?
Zum Glück hat
Deutschland das Hockey5 zurückgenommen, wenn auch als einziger Verband, so viel
ich weiß. Das hat aufgrund der ständigen Überzahlsituationen durch die
Herausnahme des Torwarts doch fast wie Handball ausgesehen und war deshalb auch
für die Zuschauer viel unattraktiver. Generell sollte man Veränderungen positiv
gegenüberstehen, aber nicht jeden verrückten Gedanken gleich umsetzen.
Denken Sie, dass
Ihre Nachfolger trotz der extrem kurzen Umstellungszeit auf das internationale
Spielsystem am Sonntag wieder ganz oben stehen?
Ja, das denke ich
schon. Ich rechne mit einem Endspiel gegen Österreich, und da wird sich dann die
Erfahrung des DHB-Teams durchsetzen. Hoffe ich zumindest. Aber auch die
Holländer und Russen werden gegebenenfalls noch ein Wörtchen mitreden. Dass ein
"Nichteuropäer" oben dabei ist, halte ich für unwahrscheinlich.
Sie werden in
wenigen Tagen 37 Jahre alt. Macht Ihnen Hallenhockey noch immer so viel Spaß,
dass Sie noch eine weitere Saison mit dem Rüsselsheimer RK anstreben?
Das wird sich im
Verlauf des Jahres zeigen. Sicherlich macht man manche Dinge anders und passt
sein Spiel an, doch die Halle hat wieder unheimlich Spaß gemacht. Die Mischung
aus jungen und erfahrenen Spielern ist gut, die Stimmung auch. Und solange ich
daran Spaß habe und ich auf einem für mich akzeptablen Niveau spiele, kann es
gut sein, dass ich noch weitermache. Dafür müssen aber auch die anderen Faktoren
wie Gesundheit, Job etc. passen.