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Über Mitglieder des
RRK (1999)
Björn Emmerling,
Christopher Reitz |
Björn Emmerling |
Verletzungspech und
Positionsgerangel
Björn Emmerling und
Christopher Reitz haben in der Hockey-Nationalmannschaft unterschiedliche
Probleme zu meistern
Von Uli Meyer (aus "Main-Spitze" vom
13.09.1999)
Die kurvenreiche Karriere von Christopher Reitz und Björn Emmerling hat einen
weiteren Höhepunkt erreicht. Die Hockey-Nationalspieler des Rüsselsheimer RK
standen gestern im Finale der 8. Feld-EM. In Padua (Italien) war das RRK-Duo
maßgeblich daran beteiligt, dass Titelverteidiger Deutschland mit einem stark
verjüngten Team Weltmeister und Olympiasieger Niederlande sensationell nach
Siebenmeterschießen 5:4 (3:3/2:2) bezwang und gleichzeitig das Olympia-Ticket
löste.
Björn Emmerling konnte von
Glück reden, dass er im Endspiel überhaupt dabei war. Die medizinische Abteilung
der DHB-Auswahl hatte sich zwei Tage lang intensiv mit dem linken Fuß Emmerlings
beschäftigt. Der 23-Jährige war am Freitag im Halbfinale gegen England in seinem
72. Länderspiel ohne Fremdeinwirkung umgeknickt und vom Platz getragen worden.
Mit Tränen im Gesicht hockte der Unglücksrabe auf der Bank. Die Freude über den
4:0-Sieg war genau so groß wie die Angst, einmal mehr wegen einer Verletzung
zurückgeworfen zu werden.
"Ich habe wohl die Seuche", sagte
Emmerling und spielte damit auf seine vielfältigen Hockeyleiden an. In Atlanta
war er nach einer Knieverletzung früh außer Gefecht, die WM '98 verpasste er
komplett. Und nun schien auch das EM-Finale in Gefahr. "Das wäre jammerschade,
denn Björn hat ein überragendes Turnier gespielt. Er ist aus dieser Truppe nicht
wegzudenken", sagte Paul Lissek. Aus den Worten des Bundestrainers klingt
höchste Wertschätzung heraus. Die hat sich Björn Emmerling beim EM-Turnier
selbst, aber auch in der Zeit davor erarbeitet.
Christopher Reitz |
Seinen Stammplatz unter den ersten
Elf verdankt "Emmel" zu einem gewissen Teil auch dem Zufall. Als die DHB-Auswahl
an Pfingsten schon einmal in Padua weilte, hatte Lissek den Mittelfeldmann
gefragt, ob er sich auch die Position des linken Verteidigers zutrauen würde,
weil der etatmäßige Abwehrspieler Michael Green fehlte. Aus der Not wurde eine
Tugend. Emmerling spielte trotz anfänglicher Selbstzweifel ("Das ist hart, am
Weltbesten auf diesem Posten gemessen zu werden".) auf der für ihn gewohnten
Stelle derart überzeugend (Lissek: "Björn macht das technisch so gut und wird
selbst bei größtem Gegnerdruck nicht nervös".), dass er den Platz auch nach
Greens Rückkehr behielt. Der Hamburger wechselte ins linke Mittelfeld und
harmonierte bei der EM blendend mit Emmerling. Das Duo ließ hinten nichts
anbrennen und gab auch nach vorne viele Impulse. So nebenbei gelangen dem im
Endspiel herausragenden RRK-Akteur vier Tore, drei davon mit geschlenzten
Strafecken.
Aber auch für Christopher Reitz
hatte Paul Lissek in Padua nur Lob parat. Das war nicht immer so. Obwohl der
27-Jährige nach dem Olympiasieg 1992, den er als "Tourist" (Reitz) mitgenommen
hatte, zur Nummer eins zwischen den Pfosten aufgestiegen war, gab es stets
Phasen, in denen der Bundestrainer durch öffentlich geäußerte Bedenken an Reitz'
Fähigkeiten ("Mir scheint, dass er bei wichtigen Spielen immer 'mal wieder
Probleme kriegt") für Unsicherheit beim Torwart sorgte, ehe Lissek ihm dann doch
wieder das Vertrauen schenkte.
"Das ist nichts neues für mich; das
prallt in gewisser Weise an mir ab", sagt Reitz zu der vom Bundestrainer mehr
oder weniger absichtlich geschürten Suche nach der wahren Nummer eins. Die
Statistik spricht ohnehin für den angehenden Arzt, der lieber mit sportlichen
Leistungen als mit Worten glänzen will. Mit nun 124 Länderspielen hat er so
viele Einsätze wie kein anderer Schlussmann in der DHB-Geschichte. Am jüngsten
Konkurrenten indes wäre er beinahe gescheitert. Clemens Arnold (21) war drauf
und dran, bei der EM die Nummer eins zu werden. Erst in den letzten 14 Tagen vor
Padua hat sich das Blatt wieder zu Gunsten des Erfahreneren gewendet, der dann
auch ein gutes EM-Turnier spielte. Und nach drei gehaltenen Siebenmetern im
Finale wäre es ihm zu wünschen, dass das Positionsgerangel im Vorausblick auf
Sydney 2000 Schnee von gestern ist.
Junge Rasselbande
schockt den Weltmeister Aus
"www.hockey.de" vom 12. September 1999
Rotzfrech setzt eine junge Rasselbande die deutsche EM-Erfolgsserie fort und
verhindert gleichzeitig ein holländisches Triple. Im Endspiel der 8.
Feld-Europameisterschaft wollen die Herren der Niederlande nach Olympiasieg
(1996) und Weltmeisterschaft (1998) nämlich nun auch noch Europameister werden.
Der letzte holländische EM-Titel liegt immerhin schon zwölf Jahre zurück (1987).
In Padua gehen die
Niederländer, mit drei Ausnahmen identisch mit der WM-Siegermannschaft von
Utrecht 1998, dann auch als klarer Favorit ins Endspiel, schließlich steht ihnen
ein Gegner gegenüber, der fast ein Juniorenteam sein könnte. Mit einem
Altersdurchschnitt von 22 Jahren schickte der DHB die jüngste Nationalmannschaft
ins Rennen, die Deutschland jemals in einem solchen wichtigen Wettbewerb
vertrat. Schon alleine die Endspiel-Qualifikation, vor allem das 4:0 im
Halbfinale gegen England, war eine positive Überraschung. Ob die jungen
Deutschen mit einem 16-jährigen Talent namens Matthias Witthaus nun in den
ausgebufften Holländern ihren Bändiger finden?
Das Endspiel entwickelt
sich zu einem wunderbaren Schlagabtausch. Mit einem Doppelschlag drehen Björn
Michel und Sascha Reinelt das holländische 0:1 in ein 2:1. Aber nach 44 Minuten
hat der Weltmeister die Führung wieder an sich gerissen (3:2) und drängt Mitte
der zweiten Halbzeit auf die Entscheidung. Doch das 2:4 fällt nicht, stattdessen
gelingt der Truppe von Paul Lissek vier Minuten vor Schluss durch Christoph
Bechmann das 3:3. Die anschließende Verlängerung ist dramatisch, aber torlos. Es
kommt zum Siebenmeterschießen. Werden es die wenigen Alten, Erfahrenen im
deutschen Team richten? Denkste! Ausgerechnet der nachher zum besten
Turnierspieler gewählt Kapitän Christian Mayerhöfer vergibt. Es sind die jungen
Wilden, die die Sensation erwirken. Florian Keller (17), Tibor Weißenborn (18)
und Sascha Reinelt (17) verwandeln ihre Versuche mit geradezu jugendlicher
Unverschämtheit. Und weil Torwart Christopher Reitz gleich drei Bälle hält,
steht nach 14 Schützen Deutschland als 5:4-Sieger fest. "Ich bin angenehm
geschockt", lächelt der Bundestrainer fast ungläubig in die Mikrofone.
Mit dem ungeahnten
Triumph von Padua ist der EM-Hattrick und der insgesamt fünfte Kontinentaltitel
für Deutschland perfekt. Bei allen fünf Titeln hieß der deutsche Endspielgegner
Niederlande! Und ganz nebenbei ist die Direktqualifikation für Olympia 2000 und
die WM 2002 geschafft worden.
Die deutsche
EM-Siegermannschaft: Christopher Reitz, Clemens Arnold, Florian Kunz, Philipp
Crone, Christian Mayerhöfer, Björn Emmerling, Tibor Weißenborn, Christoph Eimer,
Michael Green, Sascha Reinelt, Björn Michel, Christoph Bechmann, Matthias
Witthaus, Christian Wein, Florian Keller, Tobias Hentschel, Benjamin Köpp, Eike
Duckwitz. |