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Über Mitglieder des
RRK (2008)
Berthold Rauth |
Berti Rauth hier noch als Damentrainer des
RRK bei der Feldhockey-Endrunde 2007 |
Wanderer zwischen
Hockeywelten
Berti Rauth ging
von Rüsselsheim zum Club an der Alster – jetzt stehen die Vereine in der
DM-Endrunde
VON ANNETTE SEITZ (aus "Frankfurter
Rundschau" vom 07.02.2008)
Man kann sich gut vorstellen, dass
Berti Rauth an diesem Wochenende an keinem Platz lieber gewesen wäre, als in
der Alsterdorfer Sporthalle in Hamburg. Dort, wo die Endrunde um die deutsche
Hallenhockey-Meisterschaft der Männer und Frauen ausgetragen wird. Und wo
ausgerechnet sein Ex-Verein, der Rüsselsheimer RK, bei dem er bis zum
vergangenen Sommer erfolgreich als Trainer beschäftigt war, im
Frauen-Halbfinale auf seinen neuen Arbeitgeber, den Club an der Alster
Hamburg, trifft. "Das hätte ich mir gerne angesehen", gibt Rauth zu.
Arbeiterverein und Society-Klub
Doch der ehemalige Bundestrainer ist
verhindert. Und das hat mit seiner neuen Funktion als Sportlicher Leiter Jugend
bei Alster Hamburg zu tun. Rauth reist mit der A-Mädchenmannschaft zur
Nordostdeutschen Meisterschaft.
Immerhin hat das Team gerade den
Hamburger Vizetitel geholt. Ein kleiner Schritt nur. Aber ein erster Fingerzeig,
dass die Verpflichtung des Fachmanns nicht die schlechteste Idee der Hamburger
war. Denn genau deshalb wurde Rauth geholt. Um Talente zu finden und an den
Leistungssport heranzuführen. Das hat er jahrzehntelang in Rüsselsheim
erfolgreich praktiziert. Als Trainer gewann er 33 internationale und nationale
Titel. Und das unter Bedingungen, die ungleich bescheidener waren als beim Club
an der Alster, dessen Klientel eine völlig andere ist als die beim Rüsselsheimer
Arbeiterverein. "Hockey hat in Hamburg eine so lange Tradition", erzählt Berti
Rauth. "Das ist hier gesellschaftlich verwurzelt und eine gewachsene Sache.
Dadurch entstehen Netzwerke."
In Hamburg gilt es seit Generationen
als selbstverständlich, als Angehöriger einer bestimmten Gesellschaftsschicht
auch Mitglied im Hockeyverein zu sein. Dadurch sammelte sich dort nicht nur
Wirtschaftskraft, auch zahlreiche Kontakte entstanden. Mittlerweile haben sich
die wichtigsten Klubs der Hansestadt auch im Leistungssport etabliert. Neben dem
Club an der Alster noch Klipper, der Harvestehuder THC und der Uhlenhorster HC.
Hamburg gilt als Hockey-Hochburg, der Club an der Alster als Aushängeschild. Er
besitzt eine Anlage, von der die Rüsselsheimer nur träumen können. Der Verein
hat einen Fitness- und Wellnessbereich, ein Schwimmbad, eine eigene Sporthalle
und Konferenzräume. Perfekte Arbeitsbedingungen. "In Hamburg ist einiges
leichter, die Rahmenbedingungen werden hier optimal geschaffen", sagt Berti
Rauth.
Trennen den Arbeiterverein
Rüsselsheim und den Club an der Alster auch Welten, was Ausstattung und Finanzen
angeht - sportlich ist der RRK den Norddeutschen trotzdem voraus. Noch immer ist
Rüsselsheim der erfolgreichste Hockeyverein Deutschlands und hat die meisten
Titel geholt. Trotz, oder gerade wegen der überschaubaren finanziellen
Verhältnisse - mittlerweile bekommen noch nicht mal mehr die Bundesliga-Spieler
Fahrtgeld - konnten die Hessen das hohe Leistungsniveau über Jahrzehnte halten.
Weil ihnen gar nichts übrig blieb, als auf eigene Talente zu setzen.
Sichtungssystem hilft RRK
Nicht zuletzt Rauth entwickelte ein
umfassendes Sichtungssystem und ging auch an die Schulen. Und formte immer
wieder Nationalspieler. Ein Weg, der vom Verein auch nach seinem Abschied weiter
gegangen wird. "Wir können nur aus uns selbst heraus leben", sagt der
Rüsselsheimer Hockey-Abteilungsleiter Martin Müller. "Hier in die Provinz
verirren sich eben nur selten gute Spieler von außerhalb." Es sei deshalb nicht
hoch genug zu bewerten, sagt Müller, dass sein Verein sich auch in dieser
Hallensaison mit zwei Mannschaften für die DM-Endrunde qualifizieren konnte.
"Und darauf", sagt der Abteilungsleiter, "bin ich richtig stolz.
Aus "Main-Spitze" vom 07.02.2008:
DM-Endrunde für Berti Rauth "aus der
Retorte"
kri. RÜSSELSHEIM/HAMBURG Nahe
liegend, diesen Mann zur Pressekonferenz vor der 47. Endrunde um die deutsche
Hallenhockey-Meisterschaft einzuladen. Wenn Berti Rauth heute um 12.30 Uhr im
Vereinsheim des Club an der Alster Hamburg neben weiteren Repräsentanten seines
neuen Arbeitgebers sitzen wird, dürften die Medienvertreter bestimmt auch Fragen
an den langjährigen Cheftrainer des Rüsselsheimer RK richten. Schließlich stehen
sich die Damen aus der Hanse- und jene aus der Opelstadt an diesem Samstag um
14.15 Uhr in der Alsterdorfer Sporthalle im zweiten Halbfinale gegenüber.
Größere Hoffnungen, dass der
49-Jährige aufgrund dieser Konstellation aus seinem Herzen eine Mördergrube
machen könnte, braucht sich allerdings niemand machen. "Es ist geschickt, dass
mich da raushalten und mir ein bisschen Neutralität bewahren kann", sagt Rauth.
Zur allgemeinen Überraschung habe er die A-Mädchen des Club an der Alster, die
er nach seinem Umzug im Sommer übernommen hat, als Hamburger "Vizemeister" seit
vielen Jahren mal wieder zur nordostdeutschen Meisterschaft gebracht. "Und weil
wir irgendwo hinter Dresden spielen, bin ich am Wochenende gar nicht da und muss
mir alles aus der Retorte ansehen."
Was nicht heißt, dass er - vom
Austragungsort des bevorstehenden Jugendturniers in Freiberg abgesehen - nicht
im Bilde wäre. "Ich habe das Viertelfinale zwischen Alster und ´TuSLi´ gesehen.
Das war super eng und aufregend. Und das Video vom Rüsselsheimer Sieg gegen
Neuss habe ich mir auch angeguckt. Es war interessant zu sehen, wie die jetzt so
spielen", erzählt Rauth. Natürlich habe er während der Saison mit Alster-Coach
Jens George geredet, "aber ich bin hier kein Damentrainer sondern
Jugendkoordinator. Und bei 30 Kinderteams ist hier Pogo."
Zu einem Tipp für das brisante
DM-Duell war der frühere Bundestrainer nicht zu bewegen. "Das ist schwer, und
dafür bin ich nicht nahe genug dran. Aber es ist sehr schön, dass es wieder
beide RRK-Teams nach Hamburg geschafft haben. Das zeigt, dass dort weiter tolles
Hockey geboten wird." Und was fällt ihm zum Club an der Alster ein? "Anneke
Böhmert ist in guter Verfassung, und Alster verfügt über eine Bandbreite guter
Leuten." Mit den A-Kadermitgliedern Lydia Morgenstern, Martina Heinlein und
Meike Achtmann (das letztgenannte Duo pausiert in der Halle) trainiere er
übrigens morgens draußen. Berti Rauth, wie er leibt und lebt. |